Indianer und Kolonialmächte

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bookworld91 Avatar

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Wie geht man mit dem Verlust der Schwester und Tochter um? Vor allem bei den Ureinwohnern Amerikas, den Indianern, ist das ein großes Thema, wie der Roman „Beeren pflücken“ exemplarisch verdeutlicht.

Die kleine Ruthie verschwindet spurlos aus dem Kreise ihrer Familie. Zurück bleiben Schuldgefühle, vor allem bei ihren Bruder Joe, sowie Zweifel. Ist sie tod? Oder eines jener Kinder, die die weißen Machthaber entführt haben, um sie nach ihren Werten zu erziehen?

Derweil wächst die junge Norma mit dem Kenntnisstand auf, sie sei eine westliche mit Wurzeln in Italien. Sie wird das Gefühl nicht los, dass etwas verschwiegen wird- doch niemand aus der Familie hilft ihr weiter. Die Jahre vergehen, voller Streit, Flucht, Schuldgefühlen und Krankheit; ehe sich alles zusammenfügt.

Ich finde den Roman sehr anschaulich beschrieben. Gerade im 20. Jahrhundert gab es viel Sklaverei und Kindsklau bei den Indianern seitens der kolonialen Mächte. Dies wird zum Beispiel deutlich, wenn über die Schule der älteren Geschwister geschrieben wird und darüber, dass Kinder nicht unüblicherweise verschwinden. Durch die verschiedenen inneren und äußeren Konflikte (Zugehörigkeit, Schuld, Flucht, Verantwortung, Krankheit) bleibt es bis zum Ende spannend und unterhaltsam.

Untermauert wird der Roman von einer authentischen Sprache, die alle Konflikte treffend auf den Punkt bringt. So wird die Zerrissenheit von Norma beschrieben und auch das hätte, hätte Gefühl von Joe. Interessant ist zudem, dass Norma Zweifel an ihrer Familie und Joe am angeblichen Tod seiner Schwester äußert. Was mir persönlich fehlt ist eine kleine historische Einordnung für alle Leser, die mit dem Thema Kinderklau/ Indianer vs. Westliche Welt und alles, was damit verbunden ist, nicht vertraut sind. Dennoch gebe ich den Roman verdiente fünf Sterne.