Zwei Leben gespiegelt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
pawlodar Avatar

Von

Diese Romanlektüre bietet alles, was Literatur für den Leser zu einem zentralen Interesse werden lässt: Schauplätze und Lebensformen, die weitgehend unbekannt sind; überzeugende Charaktere; Schicksale, die fesseln und ergreifen.

Neu dürfte für die meisten Leser die Lebensweise der kanadischen Indianer sein, die Jahr für Jahr südwärts über die Grenze ziehen, um einer untergeordneten Arbeit nachzugehen. Die Geschichte verknüpft die Lebenspfade aller Mitglieder einer indigenen Familie, die durch eine ganze Reihe von traumatischen Begebenheiten in ihrer Entwicklung geprägt werden.

Zwei Geschwister werden auf ihrem Lebensweg pointiert gegenübergestellt: Joe, der sich persönlich für die Katastrophen verantwortlich fühlt und als Konsequenz eine fundamentale Wut entwickelt, die ihn über lange Zeit aus seinem Familienzusammenhalt herauslöst; Norma, die tief in ihrem Innern ahnt, dass ihre Existenz nicht wirklich ist, was sie zu sein scheint, und mit bedenklicher äußerer Passivität reagiert.

Mit großer Sensibilität versteht es die Autorin, die Tragödie plastisch erstehen zu lassen, ohne jemals ins Kitschige oder allzu Gefühlvolle abzugleiten, so der zwangsläufigen Entwicklung der Ereignisse die Wucht einer antiken Tragödie verleihend.

Allein die gelegentlich ungelenke Sprache der Übersetzung zieht manchmal eine gewisse Kritik auf sich, die den vergeblichen Wunsch weckt, der Verlag hätte dem Text eine kritische Endredaktion angedeihen lassen.