Berührender, zum Nachdenken anregender Roman

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91cobsala Avatar

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"Bei euch ist es immer so unheimlich still" ist der zweite Roman, den ich von Alena Schröder gelesen habe. Wie ihr Erstlingswerk ist auch das zweite Buch gelungen, vor allem im Hinblick auf die gezeichneten, authentischen Figuren und ihre Gesellschaftskritik, was zum Nachdenken anregt.

Mir gefällt an diesem Roman besonders, dass ich die Beweggründe und Gefühle der Charaktere gut nachempfinden kann. Der Schreibstil Alenas Schröder macht es leicht, sich in die Personen einzufinden und mit ihnen mitzufühlen. Dabei spart die Autorin nicht mit Gesellschaftskritik. Ich denke da an Betti, die unter den Konventionen der damaligen Zeit genau so zu leiden hatte wie Evelyn. Beiden Figuren merkte ich beim Lesen an, wie sehr sie das gesellschaftliche Korsett in Rollen zwängte, die ihre Persönlichkeiten unterdrückt hat. Silvia hingegen ist diejenige, die sich aus dem Korsett befreit hat, wenn auch "die Leut'" sicherlich darüber anders gedacht haben (und dies heute vermutlich teilweise noch tun). Nicht unerwähnt lassen möchte ich Karl Borowski, der zumindest ein wenig gegen die Konventionen der damaligen Zeit ankämpfte und dadurch bei mir einige Sympathiepunkte einheimste.

Die Geschichte des Romans an sich ist glaubwürdig und nachvollziehbar; gerade vor dem Hintergrund einer kleinen dörflichen Gemeinschaft, in der jeder jeden kennt und dementsprechend wenig geheim bleibt. Ich bin nur nicht so ganz mit der Auflösung des finalen Bruchs zwischen Tochter und Mutter zufrieden. Das wirkte auf mich dann als "zu viel gewollt". Das ist bei Alena Schröder allerdings Meckern auf hohem Niveau. Wer einen gesellschaftskritischen Familienroman mit viel Tiefgang sucht, wird bei ihr auf jeden Fall fündig.