generationenübergreifende Trauma-Aufarbeitung
Die Fortsetzung von Alena Schröder’s Debütroman "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" hat es in sich. Denn in "Bei euch ist es immer so unglaublich still" steht die Beziehung zu Silvia und ihrer Mutter, Evelyn, im Vordergrund. Evelyn ist unglücklich, zurückhaltend, nichts von dem, was sie sich so sehr gewünscht hat, scheint ihr zu gelingen. Dabei hat sie doch alles, was sie sich gewünscht hat. Ein Eigenheim, einen Garten, einen wundervollen Ehemann, und endlich auch ein kleines Töchterchen. Das sollte doch fürs perfekte Glück sorgen, oder etwa nicht? 30 Jahre später ist Tochter Silvia auf der Suche nach Antworten – und verlässt dafür ihre WG in Berlin, reist durch die Zone, riskiert Grenzkontrollen und setzt mit dem geliehenen Polo, mit dem sie unterwegs ist, ihr Leben aufs Spiel.
Immer wieder springt man als Leser*in zwischen den 90ern und den 50ern umher, man reist in Ildingen mit der Zeit, bis sich die beiden Erzählstränge langsam verknüpfen, und nur noch einer übrig bleibt, der das Ende mit dem Anfang verbindet.
Der Erzählstil? Ruhig, sachlich, nüchtern, fast schon zurückhaltend – ein wenig wie Evelyn. Fast zu zurückhaltend für meinen Geschmack. Meine Erwartungen waren hoch. Sehr hoch, da ich bereits Schröder’s Debüt gelesen habe, und mich daran erinnere, dass ich begeistert war. So begeistert, dass ich Fotos gemacht habe von dem Buch. Und von mir. Im blauen Kleid, am Fenster stehend. Nur leider hätte es zu diesem ersten band überhaupt keine Fortsetzung gebraucht – und so liest sich das Buch auch. Lehrbuchmäßig wird hier die Idee des Romans studiert, Spannungsaufbau, Höhepunkt – der dann in sich zusammenfällt, gefühlt ohne richtige Auflösung. Oder zumindest nur mit unbefriedigender Auflösung, denn für meinen Geschmack war das alles nicht ausgereift genug. Die Diskussionen mit ihrer Mutter? Fanden nicht wirklich statt, nur dann, als sie wissen will, was damals eigentlich mit ihrer Tante Betti passiert ist.
Betti, die Licht in die trostlose Geschichte bringt, die verrückte Tante Betti, die sich nichts sagen lässt, die sich von niemandem etwas gefallen lässt, die verrückte Tante Betti, die immer für Silvia da ist. Tante Betti, die die Familie zusammenhält. Tante Betti, die die Familie auseinanderreißt und sie immer wieder vor Geduldsproben stellt. Tante Betti, für die es, entgegen Silvias Erwartungen, in Ildingen keinen Grabstein gibt, als sie sich endlich dazu durchdringt, den Friedhof zu besuchen.
Die Fortsetzung hatte für meinen Geschmack nicht genügend emotionale Tiefe, nicht genügend Aufarbeitung, die generationenübergreifende Familientraumas benötigen. Was sehr schade ist, denn eigentlich hätte die Thematik Potenzial gehabt. Ich liebe nämlich generationenübergreifende Familiengeschichten. Leider war diese hier nicht mein Fall, was vielleicht auch erklärt, warum ich nicht so richtig in die Geschichte eintauchen kann, was vielleicht auch erklärt, warum ich mich mit dieser Rezension so schwer tu. Und je länger ich drüber nachdenke, desto mehr nervt mich der lehrbuchartige Aufbau des Romans, denn ich glaube, dass Alena Schröder so viel mehr zu bieten hat und durchaus auch in der Lage ist, aus diesen Lehrbuchstrukturen auszubrechen.
Etwas, was ich an der Geschichte allerdings mochte, war die Behandlung der Freundschafts-Thematik. Unerwartet, dass Monika und Silvia sich wieder näherkommen, dass beide erwachsen geworden sind, ihre Kindheitsfehde überwunden haben und nun füreinander da sind, in der Trostlosigkeit von Ildingen, aus der Monika nie rauskam. Auch Rüdiger hat sich nach und nach in mein Herz geschlichen, die gute Seele der Geschichte, ohne die wohl vieles ganz anders gekommen wäre.
"Bei euch ist es immer so unheimlich still" ist also eine Fortsetzung, die es eigentlich nicht gebraucht hätte, die den Freundschaftsaspekt meiner Ansicht nach emotionaler behandelt als die Familiengeschichte, und die sich eher der Frage nach dem großen Glück widmet und den verschiedenen, möglichen Lebensentwürfen, die aus ein und dem selben Haushalt wachsen können, als dass sie tatsächlich ein Generationenroman ist.
Immer wieder springt man als Leser*in zwischen den 90ern und den 50ern umher, man reist in Ildingen mit der Zeit, bis sich die beiden Erzählstränge langsam verknüpfen, und nur noch einer übrig bleibt, der das Ende mit dem Anfang verbindet.
Der Erzählstil? Ruhig, sachlich, nüchtern, fast schon zurückhaltend – ein wenig wie Evelyn. Fast zu zurückhaltend für meinen Geschmack. Meine Erwartungen waren hoch. Sehr hoch, da ich bereits Schröder’s Debüt gelesen habe, und mich daran erinnere, dass ich begeistert war. So begeistert, dass ich Fotos gemacht habe von dem Buch. Und von mir. Im blauen Kleid, am Fenster stehend. Nur leider hätte es zu diesem ersten band überhaupt keine Fortsetzung gebraucht – und so liest sich das Buch auch. Lehrbuchmäßig wird hier die Idee des Romans studiert, Spannungsaufbau, Höhepunkt – der dann in sich zusammenfällt, gefühlt ohne richtige Auflösung. Oder zumindest nur mit unbefriedigender Auflösung, denn für meinen Geschmack war das alles nicht ausgereift genug. Die Diskussionen mit ihrer Mutter? Fanden nicht wirklich statt, nur dann, als sie wissen will, was damals eigentlich mit ihrer Tante Betti passiert ist.
Betti, die Licht in die trostlose Geschichte bringt, die verrückte Tante Betti, die sich nichts sagen lässt, die sich von niemandem etwas gefallen lässt, die verrückte Tante Betti, die immer für Silvia da ist. Tante Betti, die die Familie zusammenhält. Tante Betti, die die Familie auseinanderreißt und sie immer wieder vor Geduldsproben stellt. Tante Betti, für die es, entgegen Silvias Erwartungen, in Ildingen keinen Grabstein gibt, als sie sich endlich dazu durchdringt, den Friedhof zu besuchen.
Die Fortsetzung hatte für meinen Geschmack nicht genügend emotionale Tiefe, nicht genügend Aufarbeitung, die generationenübergreifende Familientraumas benötigen. Was sehr schade ist, denn eigentlich hätte die Thematik Potenzial gehabt. Ich liebe nämlich generationenübergreifende Familiengeschichten. Leider war diese hier nicht mein Fall, was vielleicht auch erklärt, warum ich nicht so richtig in die Geschichte eintauchen kann, was vielleicht auch erklärt, warum ich mich mit dieser Rezension so schwer tu. Und je länger ich drüber nachdenke, desto mehr nervt mich der lehrbuchartige Aufbau des Romans, denn ich glaube, dass Alena Schröder so viel mehr zu bieten hat und durchaus auch in der Lage ist, aus diesen Lehrbuchstrukturen auszubrechen.
Etwas, was ich an der Geschichte allerdings mochte, war die Behandlung der Freundschafts-Thematik. Unerwartet, dass Monika und Silvia sich wieder näherkommen, dass beide erwachsen geworden sind, ihre Kindheitsfehde überwunden haben und nun füreinander da sind, in der Trostlosigkeit von Ildingen, aus der Monika nie rauskam. Auch Rüdiger hat sich nach und nach in mein Herz geschlichen, die gute Seele der Geschichte, ohne die wohl vieles ganz anders gekommen wäre.
"Bei euch ist es immer so unheimlich still" ist also eine Fortsetzung, die es eigentlich nicht gebraucht hätte, die den Freundschaftsaspekt meiner Ansicht nach emotionaler behandelt als die Familiengeschichte, und die sich eher der Frage nach dem großen Glück widmet und den verschiedenen, möglichen Lebensentwürfen, die aus ein und dem selben Haushalt wachsen können, als dass sie tatsächlich ein Generationenroman ist.