Zunächst unspektakulär, dann äußerst spannend

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Was bin ich traurig, dass ich dieses Buch schon zu Ende gelesen habe!

Es ist eine zunächst unspektakulär erscheinende Geschichte. Silvia reist 1989, ein paar Monate vor dem Mauerfall, mit ihrer vor ein paar Wochen geborenen Tochter Hannah zu ihrer Mutter und damit zurück in ihre Vergangenheit.

Wir begleiten sie über die Transitstrecke von Westberlin bis in die Stuttgarter Region und gleich wird klar, hier besteht eine Kluft zwischen Mutter und Tochter. Hier muss Vergangenheit aufgearbeitet werden.

Und genau so ist es. Der Roman wechselt zwischen zwei Zeitebenen, 1989 und der Spanne von 1950 bis 1971. Die Vergangenheitsbewältigung und –überwindung ist dabei äußerst spannend dargestellt.

Die Erzählweise der Autorin hat mich direkt in die jeweiligen Zeiten eingesaugt. Auch in die Figuren konnte ich mich sehr gut hineinversetzen, und zwar nicht nur in die Protagonistinnen, sondern auch in jene Charaktere, die mir zunächst unsympathisch erschienen.

Ich empfinde überhaupt, wie die Autorin den Figuren Leben eingehaucht hat, als besonders gelungen. Alle werden sehr differenziert betrachtet. Sogar Unsympathen erhalten wenigstens einen Abschnitt aus ihrer eigenen Perspektive. So werden wirklich alle nachvollziehbar, auch wenn man als Leser nicht mit allem einverstanden ist, wie sie sich verhalten.

Kleine Details aus den jeweiligen Zeiten, wie Walkman, Musikkassetten, „Stu, stu, stu – Studio-Line…“, Klosterfrau Melissengeist, Dr Oetker „gelingt immer“ usw., lassen jene Zeiten beim Lesen neu aufleben.

Das Ende finde ich ebenfalls äußerst gelungen, denn hier schließt sich der Kreis.

Fazit: Leseempfehlung für jeden, der sehr lebendige Literatur mit vielseitigen Charakteren und einem Touch von Nostalgie mag.