Familien- und Zeitgeschichte

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nicky_g Avatar

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Familie Friedmann wandert Ende der 80er Jahre aus Russland nach Deutschland aus. Eigentlich wollten sie nach Amerika auswandern, aber „es bedurfte unzähliger Vorfälle, Zufälle und Einfälle, um uns hier zusammenzubringen“ wie Edik Friedmann es am Ende des Buches in seiner Silvesterrede verkündet. Da sitzen sie alle vereint zusammen, Familie und Freunde, nachdem sie einen langen Weg hinter sich haben.
Mein erster Gedanke war, als ich die letzte Seite gelesen und das Buch zugeschlagen hatte: warum sind sie ausgewandert? Der Familie ging es nicht schlecht im damaligen Russland, auch nicht den zahlreichen Verwandten, die später ebenfalls auswanderten. Mit großer Naivität und noch mehr Glück zogen sie los. Dass dem Leser dies so erscheint, mag auch daran liegen, dass die Autorin Alexandra Friedmann zum Zeitpunkt der Auswanderung noch ein kleines Kind von fünf Jahren gewesen war.
Manche Erzählungen erscheinen deshalb leicht verklärt und irgendwie unvollständig wie zum Beispiel die Geschichte, als der Vater und sein Freund vom KGB aufgelesen werden, weil sie angeblich beim Diebstahl in einem Hotel beobachtet werden, oder als sie in Deutschland ankommen und vom Arzt untersucht wurden. Anspielungen auf die Verseuchung durch die Tschernobyl-Katastrophe gibt es, aber nicht, ob es gesundheitliche Konsequenzen für die Familie hatte („schwarzer Sand“).
Aber gerade diese Sichtweise eines kleinen Kindes macht die Geschichte unterhaltsam und witzig. Besonders gut hat mir der Titel gefallen, der in einem Wort das zusammenfasst, was sich die Familie erhofft hat, nämlich nach Besserland auszuwandern. Dass es sich dabei schlussendlich nicht um Amerika handelt, sondern um Deutschland, spielt keine Rolle. Ich glaube, wenn der Roman von den Eltern geschrieben worden wäre, dass ihre Ängste, Befürchtungen, Rückschläge mehr in den Vordergrund gerückt wären, denn es ist doch ein großer Schritt für eine Familie, in ein fremdes Land auszuwandern, von dem man kaum etwas weiß und dessen Sprache man nicht versteht oder spricht.
Dennoch ist dieses Buch ein unterhaltsames Kapitel Familien- und europäischer Geschichte. Ich habe mich während des Lesens oft an die damalige Zeit erinnert: nicht nur an den Mauerfall, sondern auch an meine Familie.