Sind wir jetzt endlich in Besserland?

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jam Avatar

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„Papa“ flüsterte ich… „Fahren wir denn jetzt endlich nach Besserland?“…
„Das hoffe ich sehr, Sanetschka! Ich hoffe es wirklich sehr!“

Cover:
Ein Mädchen mit großer, roter Schleife im Haar hält eine Puppe im Arm. Ihr Blick ist ernst.
Von ihrem Kopf gehen bunte Streifen weg, wie Sonnenstrahlen. Obwohl die Farben sehr bunt sind, stimmt es durch den Blick des Kindes nachdenklich.

Inhalt:
Ein autobiografischer Roman. Die Autorin Alexandra Friedmann erzählt uns die Geschichte ihrer Familie, aus dem Blickwinkel eines kleinen Mädchens.
Sie wurde 1984 in Weißrussland geboren, als sie fünf Jahre alt ist, flüchtet ihre Familie aus Russland. Eigentlich wollten sie nach Amerika, aber schon als die Planung beginnt, hören sie immer wieder „Bis dahin kommt ihr doch eh nicht“. Und genau so ist es.
Nach einem Zwischenstopp in Wien gelangen sie nach Deutschland, wo sie versuchen, Fuß zu fassen und die Sprache zu lernen. Und neue Freunde sowie ein neues Zuhause finden.

Wie es mir dabei ging:
Schwierig…
Die Ich-Perspektive zieht einen natürlich sofort ins Geschehen, die einfache Erzählweise aus den Augen eines Kindes macht es einem einerseits leicht. Andererseits tat ich mir manchmal schwer, dass Erzählte mit dem Wenigen, was aus dem Geschichtsunterricht hängengeblieben ist, in Einklang zu bringen.
Das Buch gibt den Hauch einer Ahnung, wie es war, fremdbestimmt zu leben, nichts zu erfahren… Allein die paar Brocken, die über Tschernobyl erst mit Tagen Verspätung verlautbart wurden, als die Wolke schon längst ihre Spur hinterlassen hat, haben mir eine Gänsehaut bereitet.
Wir leben in einer Zeit, in der wir glauben, alles zu wissen bzw. schnellstens nachlesen zu können, umso schwieriger und erschütternder ist die Vorstellung, auch von so wichtigen Ereignissen keine Kenntnis zu erlangen, weil jemand die Nachrichten filtert und nur bruchstückhaft verändert weitergibt.
Die Entscheidung, dass Land zu verlassen obwohl man nicht weiß, wo man landet und was einen dort erwartet, muss sehr schwierig gewesen sein. Wie dramatisch die Flucht wohl teilweise gewesen sein mag, wird auch durch die Erzählweise etwas verschleiert.
Angekommen in Besserland ist es zwar nicht die Regierung, die ihnen Informationen vorenthält sondern viel mehr ist es die Sprachbarriere, die einen Kontakt beinahe unmöglich macht. Doch die Familie lässt sich nicht unterkriegen und findet ihren Weg.
Fazit:
Eine berührende, dramatische Geschichte, die dem Leser auch mit Rückblenden ein Stück russischer Geschichte nahebringt.
Trotz teilweiser Längen sicher lesenswert!