Toller Schreibstil, aber der Rest bleibt leicht unbehaglich

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
ismaela Avatar

Von

Die Familie Friedmann lebt in Weißrussland in einem sozialistischen Staatsgefüge, wie man es von der DDR in Erinnerung hat. Weil ihnen dies irgendwann nicht mehr reicht, und ein Bekannter es vormacht, beschließen sie, nach Amerika auszuwandern, ein Land, das der Vater Besserland nennt, um seiner Tochter zu erklären, warum sie ihre Heimat verlassen. Es beginnt eine abenteuerliche Reise, die in Wien ins Stocken gerät und schlussendlich in Deutschland ihr Ende findet, da es ein Land zu sein scheint, in dem man als Asylsuchender sofort "Geld auf die Hand, eine Vierzimmerwohnung und einen Mercedes bekommt".

Schon in der Leseprobe habe ich mich in den tollen Schreibstil der Autorin verliebt, die Geschichte lässt sich flüssig und schnell lesen. Viele können mit dieser blumigen Sprache vielleicht nicht so viel anfangen, ich fand sie wunderbar! Die einzelnen Personen waren fast greifbar, ihre Gedanken und Wünsche und Träume konnten in wenigen Worten ihre ganze Pracht entfalten.

Trotzdem wurde ich nie so richtig mit den handelnden Personen in dieser Geschichte warm. Bis zum Schluss hatte ich immer den Eindruck es ginge ihnen nie um etwas anderes, um mit möglichst wenig Einsatz möglichst viel zu bekommen (Geld) und, als das Auswandern fest geplant war, mit möglichst vielen Schwindeleien möglichst viel zu erreichen. Der wachsende Anitsemitismus, der im Klappentext als einer der Gründe für die Ausreisepläne angesprochen wird, taucht im Buch nicht ein einziges Mal auf, ausser an einer Stelle, an der irgendjemand erzählt, jemand anderes hätte einem Juden in der Schlange gesagt, er solle wieder gehen. Auch hatte ich nie den Eindruck, als wäre die Familie Opfer von Staatswillkür, auch wenn sie mit dem KGB Bekanntschaft gemacht haben. Ganz im Gegenteil. Es scheint ihnen durch ihre "vorgetäuschte" Arbeit recht gut gegangen zu sein (Drei-Zimmer-Wohnpalast).
Diese Einstellung hat sich etwas geändert, als die Eltern in Deutschland zum Putzen mussten, um Geld zu verdienen, aber auch da herrschte ständig die Unzufriedenheit, weil keine Wohnung, Geld, Arbeit etc. vom Himmel geregnet kamen. Da hätte ich mir ein bisschen mehr Tiefe gewünscht.
Auch, dass die Ich-Erzählerin eigentlich immer im Hintergrund geblieben ist, fand ich sehr schade, was sie während dieser ganzen Odyssee gefühlt hat, erfährt man nicht...

Alles in allem also ein nettes Buch, tolle Sätze, aber es bleibt mehr ein Unterhaltungsbuch, als die tiefgreifende Geschichte einer Auswandererfamilie.