Wo liegt "Besserland" ?

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solveig Avatar

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Wo liegt eigentlich „Besserland“? Vielleicht in Amerika? Oder doch Europa?
Als sich Ediks ökonomische Probleme in der Sowjetunion trotz seines Einfallsreichtums nicht mehr lösen lassen, entschließt er sich mit seiner Familie auszuwandern. Aus inoffiziellen Berichten weiß er, dass es Juden jetzt, in den 80er Jahren, möglich sei, auszureisen. Gemeinsam mit der befreundeten Familie Grosmann bereitet er sich darauf vor. Unter abenteuerlichen Umständen gelangen sie nach Wien, wo sich ein schlitzohriger Landsmann ihrer annimmt und sie auf illegalem Weg weiter nach Deutschland schleust - dabei stets auf seinen eigenen (finanziellen) Vorteil bedacht.
Liegt hier das „magische Land“, das Papa Edik seiner Tochter Sanja versprochen hat?

Sehr realistisch und farbig erzählt Alexandra Friedmann von ihrem Leben in dem russischen Ort Gomel und ihrer Familie. Mangelwirtschaft, das notwendige „Organisieren“, Schwarzarbeit, Korruption, stark gefilterte oder gestoppte Informationen, kurz: der ganz normale Alltag in der Sowjetunion Anfang der 80er Jahre wird detailgetreu geschildert. Dennoch gerät ihr Roman nicht zu einem Aneinanderreihen trostloser Fakten; denn es gelingt ihr, mit einem Augenzwinkern den Leser am Leben und Streben des Sowjetbürgers teilnehmen zu lassen, ihm auf humorvolle Weise die Bedingungen näher zu bringen, wie sich der Normalverbraucher so durchschlug.
Herzerfrischend lebendig sind auch die Beschreibungen ihrer Familie und ihrer Beziehungen untereinander. Man sieht sie förmlich vor sich: die energische Oma Anna oder auch Tante Rosa, die die Zukunft aus Spiegeleiern vorhersagt.

Die ganze Ausreiseaktion wirkt recht naiv, manchmal gar komisch. Die doch recht hohen Hürden hat die Familie wohl nicht zuvor bedacht. So strahlend und rosig, wie man es ihr gepriesen hat, ist „Besserland“ dann doch nicht. Und auch das Buchcover zeigt zwar einen bunt strahlenden Hintergrund - die kleine Sanja jedoch schaut sehr ernst drein.
Nicht ohne Ironie erzählt die Autorin, welche Schwierigkeiten es zu überwinden gilt, vor allem die Sprachbarriere.
Ist Familie Friedmann also an ihrem Ziel angekommen?
Ein sehr unterhaltsames Buch, das das Thema Auswanderung und Neuanfang aus den Augen einer jungen Immigrantin schildert.