Coming-of-Age mit Tiefe

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Als Sickan, 21, zum Studium nach Stockholm zieht, beginnt für sie ein neues Leben. Weg aus der Einsamkeit in einer südschwedischen Kleinstadt, hin zu einem Leben in der Hauptstadt mit bester Freundin und der ersten Liebe. Doch die Wunden der Kindheit hallen nach.

Was auf den ersten Blick seicht klingt, ist ein gelungener Coming-of-Age-Roman mit Tiefe. Ihn zeichnet aus, dass die Auswirkungen von Kindheitstraumata auf typische Themen des Erwachsenwerdens - das Knüpfen neuer Freundschaften, das Erkennen und Setzen eigener Grenzen und die Suche nach einer eigenen Identität - eine zentrale Rolle einnehmen.

Während Sickans Leben in Stockholm voranschreitet, erfahren wir in Rückblicken mehr über die Verletzungen ihrer Jugend, das Mobbing in der Schule, die Übergriffe der Männer, das Desinteresse der Eltern. Ich fand diese Einschübe sehr gelungen, weil dadurch ganz nebenbei Sickans Verhalten, ihre Gefühlswelt und ihre Entscheidungen nachvollziehbar gemacht werden.

Geprägt von ihren Erfahrungen ist Sickan eine junge Frau voller Selbstzweifel und Ängste, die nach und nach ihre Komfortzone verlässt, Neues ausprobiert und immer selbstbewusstere Entscheidungen trifft. Mein 21jähriges Ich hätte sich hervorragend in eine solche Protagonistin hineinversetzen können und das Buch geliebt. Auch mein heutiges Ich hat Sickans Entwicklung gerne verfolgt und sich im Übrigen ebenso an dem Setting in Stockholm erfreut. Immer wieder werden Stockholmer Straßennamen erwähnt, schwedische Worte eingestreut, Zimtschnecken gegessen und die schwedische Klassengesellschaft thematisiert.

Ich habe den Debütroman „Okaye Tage“ von Jenny Mustard nicht gelesen und daher keinen Vergleich, mochte ihren flüssigen, nahbaren und gleichzeitig eindringlichen Schreibstil (aus dem Englischen übersetzt von Lisa Kögeböhn) in „Beste Zeiten“ aber sehr gerne.

Insgesamt handelt es sich meiner Meinung nach um einen gelungenen Roman, den man gut lesen kann, aber nicht gelesen haben muss.