Gut geschrieben

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majca_ Avatar

Von

"Auf einmal bin ich entsetzt, weil ich mir Hanna als Freundin ausgesucht habe, völlig sorglos. Es ist doch offensichtlich, dass diese Freundschaft etwas für Fortgeschrittene ist und ich von ihr keine Basics lernen kann."

Jenny Mustard erzählt in einer stillen, unaufgeregten Sprache vom Schweben zwischen Jugend und Erwachsensein, vom Versuch, sich selbst im Spiegel anderer zu begreifen. Ihr Stil ist präzise und atmosphärisch, filmisch in der Art, wie er Räume und kleine Gesten auflädt, ohne sie zu kommentieren. Es entsteht eine sommerlich-melancholische Stimmung, die an Benedict Well's Hard Land erinnert, allerdings weniger sentimental und stärker introspektiv.

Handwerklich überzeugt der Roman: klare Sprache, feines Gespür für emotionale Zwischentöne, eine konsequent durchgehaltene Erzählhaltung. Dennoch blieb bei mir eine gewisse Distanz. Vielleicht, weil Mustard so nah an der Erfahrungswelt einer Anfangzwanzigjährigen bleibt, dass das Dargestellte inzwischen ein wenig weit weg wirkt. Als schaue man mit milder Belustigung auf die eigene Vergangenheit.

Ein stimmiger, feinfühliger Coming-of-Age-Roman, dessen Qualität ich erkenne, auch wenn er mich emotional nicht mehr ganz erreicht hat.

Vielen Dank an Vorablesen und Eichborn für ein Rezensionsexemplar. Alle Meinungen sind meine eigenen.