Vielschichtige Charaktere, die im Kopf bleiben

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romyslesefieber Avatar

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Da ich den Buchclub „Juniverse“ von Joana June regelmäßig verfolge und schon ein paar Bücher mitgelesen habe, war ich besonders gespannt auf ihren Debütroman. Ich finde ihre Sicht und Interpretation der Bücher immer wahnsinnig interessant, weshalb ich umso gespannter war, wie sie eigene Ideen literarisch umsetzt.

Ich kann sagen, dass mich „Bestie“ als Debütroman sehr überzeugt hat. Im Mittelpunkt der Handlung stehen Delia bzw. Lilly und Anouk. Delia, die angepasste Mitläuferin, die unbedingt eine erfolgreiche Bühnenautorin sein möchte. So unbedingt, dass sie ihr altes Ich ablegen möchte und sich in Lilly „verwandelt“. Lilly, die so unbedingt in Anouks Leben passen will, dass ihr eine Lüge nach der anderen über die Lippen kommt. Anouk, die selbstbewusste und scheinbar so erfolgreiche Influencerin, die nach außen hin perfekt scheint, aber in ihrem Leben auch tiefreichende Konflikte hat.

Wer das Buch mit der Erwartung liest, dass viel Handlung passiert, könnte überrascht sein: Die Handlung ist vielmehr character-driven als plot-driven, was das Buch aus meiner Sicht aber nicht weniger lesenswert macht. Im Gegenteil – ich finde, dass die Charaktere sehr vielschichtig ausgestaltet sind und sehr wichtige Themen aufwerfen: Identität und Selbstfindung, Freundschaft und Familie, Erfolg und Misserfolg, Gesellschaftskritik und vieles mehr.

Der Schreibstil ist stellenweise poetisch, aber auch unkonventionell und fast schon experimentell. Besonders angesprochen haben mich auch die Theaterelemente und die Anlehnung an die angelsächsische Mythologie. Die Doppeldeutigkeit des Titels fand ich auch total spannend. Anfangs denkt man an „Besties“, doch im Verlauf der Geschichte wird klar, dass auch „Bestien“ gemeint sein können.
Außerdem habe ich mich über die kleinen Easter Eggs gefreut: Bücher, die bereits in Joana Junes Buchclub gelesen wurden, tauchen im Roman auf.
Für fünf Sterne hat mir noch ein Fünkchen gefehlt, ohne genauer benennen zu können, woran es lag. Vielleicht, dass ich zum Teil den Eindruck hatte, dass die Handlung etwas vor sich herdriftet und kein genaues Ziel hat.

Fazit: Ich habe das Gefühl, das Buch ein zweites Mal lesen zu müssen – weil es so viele tiefgründige Aspekte enthält, die man beim ersten Lesen vielleicht noch gar nicht alle erfassen kann.