Zutiefst widerwärtige Ideologie

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kainundabel Avatar

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1944: Die Brüder Konrad und Robert Vorhof, vier und zwei Jahre alt, sitzen in einem Wagen, der sie in ein Waisenhaus bringen soll. Eigentlich heißen die beiden Corrado und Roberto Pirzio-Biroli. Das System des größen- und auch sonst wahnsinnigen Diktators hat ihnen ihre Identität und sie selbst ihren Eltern entzogen. Warum? Fey, ihre Mutter, ist die Tochter des Widerstandskämpfers und Nazigegners Ulrich von Hassell, der, zum Kreis der „Verschwörer des 20. Juli“ gehörend, später hingerichtet werden wird. Für die nahen Angehörigen dieser „Verräter“ kennen die Nazis nur eines: Sippenhaft.
Wer beim Titel „Bis wir uns wiedersehen“ ausschließlich die Spurensuche nach den verschwundenen Kindern erwartet, liegt falsch. Catherine Bailey begleitet vielmehr Fey Pirzio-Biroli auf ihrer mehrmonatigen Odyssee durch die Konzentrationslager Stutthof, Buchenwald und Dachau. Neben zahllosen historischen Details (im ersten Teil des Buches fast zu viel des Guten!) fesseln die gründlichen, aufwändigen Recherchen im weiteren Verlauf umso mehr, lassen den Leser mitleiden und – obwohl er um die Gräueltaten der Nazis weiß – fassungslos und wütend werden. Es übersteigt die Vorstellungskraft immer wieder aufs Neue, zu welchen Taten Menschen fähig sind. Dabei „genießen“ Fey und ihre „prominenten Mitgefangenen“ einen Sonderstatus. Heinrich Himmler hält die Hand über sie, schließlich plant er ja, sie wohlbehalten als Faustpfand zu behalten, um selbst heil aus diesem grausamen Desaster herauszukommen..
Zahlreiche größtenteils private Fotos, Karten, Fußnoten und Quellenangaben runden dieses fundierte Buch ab. Und im Gegensatz zu tausenden anderen Schicksalen geht das Drama für Fey und ihre Söhne letztlich gut aus.