Schwarze Löcher

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aennie Avatar

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Johanna Gerke wurde überfallen. Die Goldschmiedin erwacht nach einem Albtraum mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Doch nicht nur an den Überfall kann sie sich nicht erinnern, auch die letzten sechs Monate scheinen nahezu ausgelöscht. Nur einige wenige vereinzelte Schlaglichter erscheinen in ihrem Bewusstsein: ihre Mutter hatte einen Herzinfarkt, eine Schwangerschaft – aber vieles bleibt für sie hinter einem undurchdringlichen Vorhang: ihre Beziehung ist zerbrochen und sie weiß es nicht einmal, offensichtlich hat sie ihren Beruf etwas vernachlässigt und nur noch wenige Aufträge bearbeitet. Schnell wird klar, kein typischer Raubüberfall sondern ein persönlicher Angriff auf sie hat stattgefunden. Dieses Wissen und die mit der Amnesie verbundene Ungewissheit lösen in Johanna das aus, was es wohl in den meisten Menschen auslösen würde: grenzenlose Panik und eine schwere traumatische Störung. Einerseits möchte sie dringend herausfinden, wer ihr das alles angetan hat, ihr nach Existenz und ihrem Leben trachtet und andererseits hat sie die Tendenz, sich in ein tiefes Loch zu verkriechen und nicht mehr hervorzukommen, aus Angst ihrem Peiniger erneut zu begegnen.
Blinde Schatten ist ein nicht allzu langer Thriller. Er wirkt nicht durch Schilderung ausgedehnter Grausamkeiten sondern in meinen Augen auf emotionaler Ebene. Dies sind zum Einen die Einschübe aus Sicht des Täters, die sehr bedrohlich wirken und den Leser in diesem Moment sehr an den Fortschritt der Geschichte fesseln und zum Anderen die –ich nenne es mal Panik-Ausbrüche Johannas. Zwischendurch war mir das auch einmal zu viel, aber dann wiederum dachte ich, dass es genau das doch ist, natürlich ist man vollkommen aufgelöst und panisch, und auch bei einer solche schweren Störung rennt man nicht sofort zu allen anderen und ruft nach Hilfe. Vielleicht geht es nur mir so, aber haben wir nicht prinzipiell die Tendenz zu sagen, mach dir mal nicht so viele Sorgen, ich pack das schon, muss ja weitergehen – ich denke schon. Die Auflösung an sich fand ich zwar schnell herbeigeführt, aber durchaus plausibel konstruiert. Die Charaktere fand ich gut aufgebaut, dabei nicht uneingeschränkt sympathisch, was aber für mich kein Manko, sondern eigentlich ein Qualitätsmerkmal ist, je vielschichtiger die Charaktere, desto eher kann man sich auch an Ihnen reiben.
Blinde Schatten ist der dritte Thriller von Anna Martens, den ich nun gelesen habe. Er bietet gute Unterhaltung mit einem unblutigen Plot und liest sich flott und flüssig.
Ich schätze den prägnanten Stil der Autorin sehr, muss aber auch betonen, dass der erste Thriller „Engelsschmerz“ mir noch immer mit Abstand am besten gefallen hat – das Gefühl, welches man hier nur bei den Einschüben aus Tätersicht hat, finde ich dort über weite Strecken vorherrschend. Nichts desto trotz: hat mir gut gefallen und habe ich sehr gerne gelesen.