sehr fesselnder Thriller

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marionhh Avatar

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Die Goldschmiedin Johanna Gerke erwacht schwer verletzt im Krankenhaus und kann sich an nichts erinnern. Sie wurde offensichtlich brutal zusammengeschlagen, sie hat Verletzungen im Gesicht und im Unterleib und ihre rechte Hand wurde zertrümmert. Ermittler Buchholz versucht durch Befragen herauszufinden, was geschah, doch durch Johannas Gedächtnis dringen nur einzelne Fetzen an die Oberfläche. Sie erinnert sich zwar an ihren Freund, nicht jedoch, dass sie sich getrennt haben. Johanna entlässt sich selber, um die Wahrheit herauszufinden, und erfährt bei ihren Recherchen auch einige unschöne Wahrheiten über sich selbst...

Subtil spannender, unheimlich fesselnder Thriller, der ohne große blutreiche Action auskommt. Die Autorin versteht es meisterhaft, die Spannung immer weiter aufzubauen beziehungsweise nie abflauen zu lassen, indem sie Johanna – und auch uns – häppchenweise Informationen zukommen lässt. Durch den Perspektivwechsel von Opfer – also Johannas Sichtweise – und Täter dringt man gut in das Seelenleben der beiden Gegenspieler hinein. Durch die Einschübe der Tätersicht und Johannas Träume erfährt der Leser mehr und mehr, was geschah. In dem Maße wie sich Johanna durch Träume oder plötzliche Eingebungen erinnert, in dem Maße bekommt auch der Leser mehr Informationen über sie und ihr Leben. Dabei erweist sich Johanna als Person doch nicht immer als die, als die sie sich selbst sieht. Trotzdem ist sie als Charakter stark und man lebt als Leser mit ihr mit und will unbedingt herausfinden, was mit ihr geschah, was das Buch zu einem echten Pageturner macht. Natürlich ermittelt man als Leser eifrig mit, und es ist klar, dass es ein männlicher Täter sein muss. Klugerweise liefert die Autorin gleich mehrere Verdächtige, die man immer mal wieder verdächtigt, und irgendwann – etwa nach guten zwei Dritteln der Geschichte – ist dann einigermaßen klar, woher der Wind weht. Bei ihren Recherchen gerät Johanna mehr als einmal in brenzlige Situationen, und durch ihre Schwäche, ihre Verletzungen und ihre Panikattacken ist sie auch ein leichtes Opfer, und man zittert mehrfach um sie. Allerdings begibt sie sich durch spontane, in meinen Augen unbedachte Entscheidungen und unüberlegte Aktionen auch sehr fahrlässig in Gefahr. Oft herrscht eine Diskrepanz zwischen ihren Entscheidungen, die mal rational, wie der Austausch der Schlösser, aber oft eben auch emotional und irrational sind.

Formal ist das Buch in drei Teile mit fortlaufenden, oft recht kurzen Kapiteln unterteilt, die Handlung verläuft chronologisch. Als Hauptfigur ist der Charakter der Johanna meines Erachtens am besten herausgearbeitet, tiefgehende Charakterstudien der Nebenfiguren oder des Täters darf man nicht erwarten, aber die Nebenfiguren liefern immer mal wieder deutliche Hinweise oder treiben das Geschehen voran. Zu Johannas gesundheitlichen Problemen kommt die Existenzangst, sie bekommt eine Hiobsbotschaft nach der anderen und der Ermittler Buchholz nimmt sie nicht so richtig ernst, so dass sie auf eigene Faust ermittelt und sich in große Gefahr begibt. Das macht einen sehr großen Teil der Spannung aus. Die Auflösung ist denn auch plausibel und zufriedenstellend, allerdings fand ich das Ende dann doch etwas abrupt, ich hätte mir noch ein paar Sätze zu ihrer Zukunft gewünscht. Dafür kommt als i-Tüpfelchen noch ein Familiengeheimnis ans Licht.

Fazit: Ein mitreißender Thriller, der alles hat, was ein fesselnde Geschichte braucht. Liest sich unheimlich flüssig und packt von der ersten Zeile an. Die Autorin hat einen sehr eingängigen Schreibstil und hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf. Für alle Fans des subtilen Thrills ein Muss!