Weniger wäre hier mehr gewesen

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gisel Avatar

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Johanna wacht im Krankenhaus auf, ohne Gedächtnis, dafür aber mit vielen Schmerzen. Es war ein Überfall aus dem persönlichen Bereich, vermutet die Polizei. Doch wer könnte es gewesen sein? Eigentlich kennt sie niemand, der ihr Böses will. Doch während Johanna sich verzweifelt zu erinnern versucht, tauchen Bruchstücke auf, die völlig entgegen ihrem Charakter zu sein scheinen. Mit ihrem Freund hat sie vor kurzem Schluss gemacht, ihre Frauenärztin hat sie verklagt, das Verhältnis mit ihren Kolleginnen scheint getrübt… Zudem hat sie Drohbriefe erhalten. Auf wen kann sie sich verlassen, wer hat ein ernsthaftes Interesse, ihr zu helfen?
Die Autorin Anna Martens baut eine Geschichte auf, wie sie keine Frau erleben möchte. Brutal zusammengeschlagen, Schwangerschaft ungewollt beendet, misstrauische oder gar bedrohliche Umgebung, und immer wieder tauchen neue Verdächtige auf. Die Protagonistin steigert sich in eine Panik hinein, die zu Panikattacken führt. – Hier wird sie m.E. nicht mehr wirklich glaubwürdig. In ihrer Panik agiert sie wie ein aufgescheuchtes Huhn, lässt sich mal von Daria, mal von Sabine helfen, nur um dann Hals über Kopf doch von dort wegzurennen. Letztendlich geht sie mit einem alten Bekannten in die Einsamkeit der Berge mit, sie hat ihn nach Jahren zufällig getroffen und alte Sympathien erkannt. Doch auch dort ereilt sie die Frage, ob er der Täter sein könnte und sie ihm völlig ausgeliefert wäre.
Die Auflösung ist für meinen Geschmack etwas zu kurz geraten, ganz plötzlich weiß Johanna (und auch der Leser), wer es ist, und ist tatsächlich in größter Gefahr. Ein weiterer Zufall jedoch (es gibt so viele glückliche Zufälle in diesem Buch) bringt ihr in letzter Minute die dringend nötige Hilfe.
Alles in allem startet die Geschichte sehr spannend, um dann wie die Protagonistin aufgeregt einen Verdächtigen nach dem anderen zu liefern. Die Verzweiflung der Hauptperson schlägt irgendwann völlig in Panik um, während sie mir zunehmend unsympathisch wird. Vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen, etwas mehr Plan und weniger Panik. So kann ich nur schweren Herzens die 3,5 Punkte, die ich vergeben möchte, auf vier aufrunden.