zwiegespalten

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canyouseeme Avatar

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"Blood of Hercules - Berühre sie und stirb" von Jasmine Mas wird als düstere Romantasy mit Blut, Spice und Tränen beworben. Es ist der erste Band der Villains of Lore Reihe. Die Geschichte spielt im Setting der griechischen Mythologie, wenngleich sich nicht an die bisherigen Mythen und Sagen hält, sondern Zugehörigkeiten und Verbindungen durcheinander bringt. Vorwissen um die griechische Mythologie bringt einen hier eher durcheinander.

Ich habe das Buch in kürzester Zeit ausgelesen und hatte auch wirklich viel Freude dabei. Andererseits habe ich einige Kritikpunkte an dem Buch. Alexis ist eine interessante Protagonistin, die in ihrem Leben ausschließlich Leid erfahren hat. Andererseits ist sie seltesam unreflektiert und wirkt dadurch sehr naiv. Sie hat goldene Haut, ihr Bruder gelbe Augen - anscheinend vollkommen normal in der (hier sehr dystopischen) Welt der Menschen, denn sie macht sich darüber nie Gedanken und nimmt es als gegeben hin. Sie kann mit einer für anderen nicht wahrnehmbaren Schlange sprechen - auch vollkommen normal und keinen weiteren Gedanken wert. Auch im weiteren Verlauf wirkt Alexis in ihrer Darstellung recht flach und ich hätte mir mehr Facetten gewünscht. Bei einem Buch mit über 600 Seiten wünsche ich mir Charakterentwicklung - ich hoffe dann nun auf diese im kommenden Band. Dennoch hat mir ihr trockener Humor gut gefallen. Auch die Nebencharaktere wirken bisher eher eindimensional, auch hier wünsche ich mir mehr Komplexität, die auch schon teils angekündigt wurde oder ganz sachte durchschien.

Die Handlung zog sich auf den ersten Seiten etwas, beim Ankommen in der spartanischen Welt nahm sie dann jedoch Fahrt auf. Knochenbrüche, Blut und Sterben ziehen sich weiter durch die Handlung wie ein roter Faden, es ist wirklich sehr düster - und dann auch wieder nicht. Der Schrecken wird durch die Regenerationsfähigkeiten bagatellisiert. Die angekündigte Romantasy haben ich nicht so recht finden wollen, es wurde vorab jedoch auch angekündigt, dass sich im ersten Band der Romance zunächst genährt wird. Es gibt eine explizit spicy Szene, die ich irgendwie deplatziert und nicht zum Kontext passend empfunden habe, consent war auch nur so halb vorhanden - auch hier erwarte ich für den kommenden Band mehr.

Schreibstil und Sprache, in Übersetzung durch Julia Schwenk und Kira Wolf-Marz haben mir hingegen sehr gut gefallen. Das Buch hat sich sehr flüssig und zügig lesen lassen, die moderne Sprache und der trockene Witz haben mir gut gefallen. Ich war sofort in der Story drin und konnte mir die beschriebenen Szenerien gut vorstellen.

Das Buch lässt mich im Endeffekt vollkommen zwiegespalten zurück: Ich finde die Story und Charaktere haben klare Schwächen und sind teils wirklich diskussions- und fragwürdig. Andererseits hatte ich viel Spaß beim Lesen und habe die Story dennoch gern verfolgt und konnte mich voll in ihr verlieren - ich sollte nur nicht zu viel darüber nachdenken.