Die Beiläufigkeit des Weltuntergangs

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buecherundschokolade Avatar

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Von T. C. Boyle habe ich bisher noch keine schlechte Zeile gelesen und auch sein neuer Roman Blue Skies hat mich durchgehend gefesselt.

Der Anfang ist ganz verhalten, eine Schlange als Spontankauf.

Doch bereits hiermit werden Ereignisse in Gang gesetzt, die zur Katastrophe führen müssen. So wie das ganze Buch aus lauter Katastrophen zu bestehen scheint.

Die Schlangenkäuferin und Möchtegerninfluencerin Cat lebt in einem Strandhaus in Florida, das ihr Freund Todd geerbt hat. Klingt traumhaft, wären da nicht stetig stärkere Stürme, Hochwasser und Termiten. Demgegenüber lebt ihr Bruder Cooper, ein auf Schmetterlinge spezialisierter Biologe, im dürren Kalifornien, wo sich nur noch Zecken prächtig vermehren und immer gefährlichere Krankheiten übertragen. Auch mit von der Partie: die Eltern der beiden, Frank und Ottilie, die versuchen ihre Ernährung auf Heuschrecken umzustellen, während um sie herum alles von Waldbränden und einem großen Insektensterben geplagt wird.

Kunstvoll verwebt Boyle die drastischen Folgen des Klimawandels und des Verlusts an Biodiversität mit dem persönlichen Schicksal seiner Figuren. Für diese konnte ich zugegebenermaßen lange Zeit wenig Sympathie aufbringen (zu selbstsüchtig und teilweise hohl das ihr Verhalten). Erst gegen Ende dieser realen Dystopie (Roboterbienen!!! Leider schon Realität) konnte ich mich dazu durchringen mit manchen von ihnen mitzufühlen.

Dieses Buch trifft den Leser dennoch hart, unbewusst fragt man sich, wie sich die Entwicklungen auf einen selbst und auf die eigenen Kinder noch auswirken werden…

Ein niederschmetternder Roman - mit teilweise sehr heftigen Szenen - zur Vorbereitung auf die kommenden Jahre und Jahrzehnte. Hervorragend geschrieben und im typischen Boyle-Ton, wobei besonders die schreckliche Beiläufigkeit des Weltuntergangs erschüttert, all verschlingend, gleich dem Tigerpython der einen in Hühnerbrühe aufgetauten Flauschie herunterwürgt…

Ein sehr empfehlenswertes Buch, wenn auch nicht sein größter Roman.