Klimawandel beklemmend gut beschrieben.

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"Blue Skies" ist keine Dystopie! Während des Lesens wird einem beklemmend klar, angesichts der aktuell verheerenden Brände in Kanada und der schlimmen Unwetterkatastrophe in Italien und, nicht zu vergessen, die unlängst furchtbare Überschwemmung bei uns im Ahrtal, dass wir mitten in der Klimakatastrophe sind. Der Roman fängt ein bisschen zäh an, bis er dann rasant an Tempo gewinnt und man von einer Katastrophe in die nächste schlittert. Die sind so packend geschildert, dass es lange nachhallt.

Die große Dürre und Hitze mit Hurricans in Kalifornien und der ständige Regen mit Überflutungen und erbarmungslosen Stürmen in Florida beschreibt Boyle beeindruckend eindringlich in Form eines Familienromans. Was mich hier ein bisschen gestört hat, war die Bedienung einiger Klischees: Der Sohn mit akademischer Laufbahn will die Welt retten und die Tochter ist eine oberflächliche und verantwortungslose Frau, die Influencerin werden möchte (und es auch kurzzeitig schafft). Ihr Alkoholkonsum während Schwangerschaft und Stillzeit aus purer Langeweile lässt einen innerlich aufschreien, eine Konsequenz für das verbleibende Kind wird daraus jedoch leider nicht beschrieben. Doch so unterschiedlich Cat und Cooper auch sind, es wird deutlich dass beide in ihrem Leben orientierungslos bleiben. Wobei Cat mit ihrer Selbstsüchtigkeit und ihrem Materialismus noch ein paar mehr miese Züge erhalten hat. Der Vater bleibt farblos, die Mutter kümmert sich auf ihre Art ums Klima und tut was sie kann, um das schlechte Gewissen erträglicher zu machen. Allerdings wird ihr tägliches Schwimmen im Pool beschrieben - und das ist angesichts der anhaltenden Dürre einfach nicht realistisch. Egal wie viel Chlor verwendet wird: Das Wasser verdampft bereits bei 'normalen' Außentemperaturen erheblich und bei der beschriebenen Hitze wäre nichts mehr davon da - denn Nachfüllen geht ja wegen Wassermangels nicht. Das sind allerdings die einzigen Beschreibungen, die mich gestört haben. Was jedoch sehr deutlich wird: Nichts anderes wie nur ein paar kosmetische Aktivitäten für das Klima durch anderes Essverhalten und E-Autos machen wir doch auch nicht, oder? Konsequenzen daraus, die dringend nötig werden, gibt es nicht. Weder im Roman noch in der Realität: Es wird in den Urlaub geflogen, SUV's sind die am meisten neuangemeldeten Autos, wir haben kein Tempolimit und schmeißen Klimaaktivisten in den Knast; feiern Hochzeiten als wäre nichts und bauen wie verrückt neue Häuser.

Der nüchterner Schreibstil Boyles schafft es, auch mit den überzogenen Zeichnungen der Protagonisten, die Beschreibung der klimatischen Veränderungen und damit den Einfluss auf Fauna und Flora richtig packend und beklemmend spürbar zu machen. Absolute Leseempfehlung von mir!