Und das Kaleidoskop dreht sich ...

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waldmeisterin Avatar

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Vorweg: Ich habe die ersten beiden Bände nicht gelesen. Macht aber nix, da Ellroy -wie immer- eigentlich mehr ein Gemälde der Zeit als der Personen zeichnet. Sympathische Protagonisten findet man hier nicht. Höchstens mal den ein oder anderen menschlichen Zug. Die haben alle Dreck am Stecken, jeder auf seine Art. Jeder verfolgt auch seine eigenen Ziele. Und das sehr beharrlich. Da wird zwar mal hier eine Allianz eingegangen, oder da vordergründig geklüngelt, aber schneller als man lesen kann, dreht sich das Kaleidoskop der Beziehungen weiter: Komplizen werden zu Verrätern, verdeckte Ermittler zu Ausgestossenen, Kriminelle zum Verfechter der Rechte Schwarzer, Rechte zu Roten, Polizisten zum Mörder.

Handlungsstränge gibt es zwar mehr als genug, und Ellroy versteht es auch mal wieder, alle am Ende perfekt zusammenlaufen zu lassen. Aber keiner davon ist eine Tour de Force. Was es auch teilweise nicht einfach macht, alles auseinanderzuhalten. Aber besser als jedem anderen ist es Ellroy gelungen mir ein Gefühl für die Zeit damals zu vermitteln. Wie es war zwischen Polizei, FBI, Verbrechern, Staatsoberhäuptern, Schwarzen und Roten. Oder vielleicht auch heute noch ist. Wer weiß? Vielleicht handelt Ellroys nächster Roman ja vom Hier und Jetzt...

Was mir mit am besten gefällt an Ellroys Romanen ist die Realitätsnähe. Klar, ein Buch mit einem Helden und Happy End ist toll. Aber ist das realistisch? Nein. Ellroy sagt/schreibt wie es ist. Da sterben halt auch mal Hauptpersonen mitten im Buch/Leben. Da findet nicht alles ein glückliches Ende. Man weiss eigentlich nie, was noch Realität und was schon Roman ist. Und ob er nicht sogar einen Teil davon selbst erlebt hat. Immerhin hat er "Blut will fließen" einer "Genossin" gewidmet. Und war vor seiner Schriftstellerkarriere drogenabhängig.

Was die derbe, dreckige Sprache betrifft, denke ich nicht, dass Ellroy uns damit schockieren oder provozieren will. Zumindest nicht nur. "Nigger" war 1968 kein Schimpfwort. Ich denke, er will eher zeigen, wie schockierend und provokativ die weissen Amerikaner sich damals verhielten.

die Waldmeisterin