Ausgelöscht

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theresia626 Avatar

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Linda Castillo entführt uns mit ihrem zweiten Thriller wieder in die relativ unbekannte Welt der Amisch People. Die Amische lehnen jeglichen Fortschritt ab, fahren statt mit Autos mit ihren Kutschen (Buggys), lassen sich nicht fotografieren oder malen, es gibt keine Computer, Fernsehen, Telefone und nur selten Elektrizität. Für die Frauen steht Hand- und Hausarbeit an erster Stelle, die Männer arbeiten auf dem Feld. Man kann sich nur vor der Taufe für das amische Leben entscheiden und eine Heirat ist nur möglich, wenn man getauft ist. Typisch für eine amische Familie ist es, sechs bis zehn Kinder aufzuziehen. Chief Kate Burkholder, selbst als Amische vor über 30 Jahren in Painters Mill geboren, ist nicht getauft, da sie als 14jährige ein schreckliches Erlebnis hatte und hat sich für ein Leben als Nicht-Amische entschieden. Sie ist seit drei Jahren Polizeichefin in Painters Mill, einem Örtchen, wo man eigentlich gut leben kann, wäre nicht dieses grausame Verbrechen an der siebenköpfigen Familie Plank. Amos und die beiden Söhne  wurden gefesselt und im Haus erschossen, Bonnie mit dem Baby auf dem Weg zur Scheune und die beiden 15- und 16jährigen Mädchen wurden in der Sattelkammer geschändet. Mary, die jüngste Tochter der Planks hatte ein Tagebuch geführt. Das findet Kate versteckt unter einer Diele in Marys Zimmer. Sie hatte Sex mit einem Nicht-Amischen und das ihren Eltern kurz vor ihrem Tod gebeichtet. Wurde deswegen die ganze Familie Plank ausgelöscht?  

Kate braucht Hilfe bei ihren Ermittlungen. Bei ihrem letzten großen Fall, den „Schlächter-Morden“, wurde sie von John Tomasetti vom BCI, einer Bundesbehörde, in Columbus unterstützt und seit ungefähr zehn Monaten hatten beide eine lockere Beziehung. Er ist einer der fähigsten Polizisten, doch der Mord an seiner Frau und seinen beiden Töchtern vor zweieinhalb Jahren hatte ihn vollkommen aus der Bahn geworfen. Alkohol, Drogen und diverse Pillencocktails wurden seine ständigen Begleiter. „Er hatte Fortschritte gemacht; für ihn war Arbeit die beste Therapie.“ (S. 76) Jetzt wird er wegen eines vor zehn Monaten nicht bestandenen Drogentests beurlaubt und fährt inoffiziell zu Kate nach Painters Mill. Werden beide gemeinsam den Täter zur Strecke bringen?  

„Exzellent!“ schreibt Publishers Weekly und dem kann ich nur zustimmen. Linda Castillo hatte mit „Die Zahlen der Toten“ schon einen phänomenalen Erstlingsroman geschrieben. Mit „Blutige Stille“ beweist sie, daß sie in die Top-Liga der Bestsellerautorinnen aufgestiegen ist. Die detaillierten Schilderungen des Lebens der Amischen sind notwendig, um einen Einblick zu bekommen, wobei die Autorin hier nicht das Maß überschreitet. Nur so kann man die  Sorgen und Ängste von Mary verstehen. Auch Kate hat sich weiterentwickelt. Sie ist weicher, zugänglicher und einfühlsamer geworden. „Wenn ich Mary Planks Tagebuch lese, sehe ich vor mir eine richtige Person. Ein amisches Mädchen voller Hoffnungen und Träume. Ich war auch mal so. Voller Hoffnungen und Träume. Aber ich habe Glück gehabt, ich habe eine Zukunft bekommen. Sie hätte auch die Chance verdient, ihr Leben zu leben.“ (S. 290) Die letzten 100 Seiten werden enorm spannend, so daß man das Buch erst aus der Hand legen kann, wenn die letzte Seite umgeschlagen ist und die Auflösung ist gut gelungen. Damit hätte ich nicht gerechnet. Das Cover ist sehr interessant. Schwarze Wolken verdunkeln die Gegend, es ist Oktober, die Bäume haben ihr Laub schon verloren und ein einsamer Buggy ist unterwegs auf einer endlosen, verlassenen Straße. Ein gut zu lesender, spannender und interessanter Thriller, wenn man das so sagen kann. Empfehlenswerte Lektür. Ich freue mich schon jetzt auf den 3. Fall mit  Chief Kate Burkholder, an dem die Autorin gerade arbeitet.