Kann ihm Blutigkeit kaum übelnehmen

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„Oh goodness“, war das erste, was mir in den Kopf schoss, als ich die Seitenzahl von „Blutige Stufen“ sah. Dank Lektüre des Vorgängers weiß ich aber, dass hohe Seitenzahlen bei Carter sich dennoch nicht ziehen – so auch hier?

Eine kurze Handlungsskizze soll bei einem Thriller genügen: Psychologe Robert Hunter und Partner Carlos Garcia, die Detectives vom LAPD Ultra Violent Crimes Unit ermitteln in einem Fall, bei dem zunächst eine grauenvoll zugerichtete Frauenleiche gefunden wird, kurz darauf die nächste und somit klar scheint, dass ein Serienkiller in Los Angeles umgeht. Die Frage, die sich Hunter und Garcia stellt, ist: Wo ist die Verbindung der Opfer und werden sie den Killer stoppen können?

Wenn man glaubt, dass skandinavische Krimis oder Thriller nichts für Zartbesaitete sind, kennt man Chris Carters Thriller noch nicht: Normalerweise gibt es ja eine Art Grenze dessen, was man lesen will. Und obwohl Carter meine regelmäßig überschreitet, mag ich ihm das nicht wirklich übelnehmen, weil sich das alles fügt. Vielleicht auch, weil Carter durch seine frühere Tätigkeit als Kriminalpsychologe für die Polizei so genau weiß, wie es in der Realität aussieht. Das macht seine Figuren Hunter und Garcia auch authentisch und bei Hunter fragte ich mich mehr als einmal, ob Carter da nicht (auch) ein wenig sich selbst beschreibt. So viel zu den Ermittelnden – was die Opfer angeht, nun ja, die mag man als etwas gutgläubig ansehen, aber wenn man sich anschaut, was im Web alles passiert, ist auch das ziemlich glaubwürdig. Bleibt der Täter: Auch hier schöpft Carter aus seinem Wissen: Ein Täter, der seine Opfer nicht nur quälen, in Angst und Schrecken versetzen will, um ihnen dadurch eine Lektion zu erteilen, wirkt ebenfalls recht glaubwürdig, das ist aus seiner Sicht und mit seiner Geschichte alles plausibel. So viel zu den Figuren – bleibt der Plot: Der ist richtig clever, man steht als Leser vor einem wild verflochten wirkenden Wollknäuel und schaut fasziniert bei der Entwirrung, die erst kurz vor Schluss erfolgt, zu. Durch stetige Wendungen, seinen Schreibstil und die Perspektivwechsel gelingt es Carter, die Spannung immer höher zu treiben (man will ja immer wissen, wie es bei der anderen weitergeht), bis man sich quasi auf den Nägeln kauend auf dem Sofa kauernd wiederfindet und „vergessen“ hat, schlafen zu gehen (und es dann nicht mehr kann).