Racheengel auf mörderischer Tour

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Racheengel auf mörderischer Tour

Engel: In der landläufigen Meinung sind sie unschuldige, lieblich-sanftmütige Wesen, gäbe es nicht ihre dunkle Seite als Racheengel.
Ein solcher mordet in Kate Rhodes´ Thriller „Blutiger Engel“, der in der Welt des Londoner Finanzdistrikts angesiedelt ist.
Korrupte Machenschaften auf dem Börsenparkett und „leichte Geschäfte“ werden dabei ebenso thematisiert wie menschliche Abgründe in jeglicher Form.
Viel zu tun für das Ermittlerduo, Psychologin Alice Quentin und DCI Don Burns, die selbst anhand diverser privater und beruflicher Probleme ihre ganz eigenen menschlichen Stärken und Schwächen offenbaren.
Gleiches gilt für die sie umgebenden Figuren - von brutal-verlogenen Investment-Gurus über arrogante und egozentrische Polizeikollegen bis hin zu hilflos scheinenden Opfern und schizophren anmutenden Gutmenschen.
Die Suche nach dem Mörder verlangt besonders den Ermittlern einiges ab, weniger den Lesern: Das als Thriller ausgewiesene, jedoch mehr im Stil eines Kriminalromans verfasste Werk nimmt mit einer stilistisch einfachen, schnörkellosen Sprache aus der Sicht der Protagonistin und in kurzen Kapiteln seinen Lauf. Die nicht sehr ausgeprägt ausgearbeitete Spannung ergießt sich vorwiegend gleichförmig ohne erkennbare Höhen und Tiefen über 460 Seiten bis zum unvermeidlichen Finale.
Jene Leser, die kompliziert verschachtelte Handlungsstränge als kriminalistische Herausforderung für die eigenen Gehirnzellen lieben, suchen hier vergebens: Zumeist sind die agierenden Personen in ihrem Sein und Handeln zu offensichtlich verdächtig dargestellt, andere zu auffällig unauffällig.
Die nur wenigen harmlosen Versuche, den Leser in die Irre zu leiten, lassen nicht die Hochspannung aufkommen, die man sich von einem Thriller wünscht. Wer mit gemäßigt spannender und leicht zu lesender literarischer Kost zufrieden ist, für den ist Rhodes´ Werk ein angenehmer Wochenend-Schmöker am Kamin. Alle anderen sind mit Spindler, Raabe, Winkelmann oder Fitzek deutlich besser bedient.