Keine Märchenstunde

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„Böser Wolf“ von Nele Neuhaus ist der sechste Fall für das Ermittlerduo Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein. Der Krimi umfasst 476 Seiten inklusive Prolog, Kapitel die im Zeitraum 11. Juni bis 3. Juli 2010 spielen, Epilog und einer Danksagung sowie Anmerkung der Autorin. Das Cover ist entsprechend den vorherigen Bänden mit düsteren Wolken am Himmel und versprengten roten Blutstropfen gestaltet. Die weitere Aufmachung ist schlicht: eine Lücke im Zaun führt über eine weit hingestreckte Wiese auf ein beschauliches Dorf zu, so wie es der Handlungsort des Krimis im Taunus sein könnte.
Ein misshandeltes junges Mädchen wird im Wasser des Mains aufgefunden, deren Identität die Ermittler des Hofheimer KK11 nicht feststellen können. Vor ungefähr zehn Jahren gab es bereits einen ähnlichen Fall. Damals wurde ein Anwalt, der aber abstritt die Tat begangen zu haben, für den Mord verantwortlich gemacht und verurteilt. Während sie noch mit diesem Fall beschäftigt sind, wird die bekannte Fernsehmoderatorin Hanna Herzmann überfallen und brutal vergewaltigt. Sie überlebt schwerverletzt, kann sich aber an nichts erinnern. Die Spuren führen die Ermittler zu einer Recherche, die sie für ihre Sendung durchführte, aber noch geheim hielt. Doch bevor sie der Aufklärung der Fälle näherkommen, geschieht ein weiterer Mord. Die Verbrechen haben scheinbar nichts miteinander zu tun, oder doch?
Der Krimi lässt sich lesen, ohne dass die ersten Bände der Serie dem Leser bekannt sind. Böser Wolf ist ein fein gesponnener Krimi, bei dem Nele Neuhaus gekonnt lose Fäden geschickt zusammenführt. Diesmal gehen die Ermittlungen sogar in die Vergangenheit des KK11 und es schaut so aus, als ob die Autorin bereits in den ersten Bänden die Basis für die jetzigen Aufdeckungen gelegt hätte. Wieder entwickelt sich parallel zur Aufklärung der Fälle das Privatleben der Kommissare weiter, jedoch nicht so wie das Ende des letzten Bands hätte vermuten lassen. Diesmal reichen die Fälle soweit, dass schließlich Pia Kirchhoff persönlich betreffen ist. Nele Neuhaus packt mit dem Thema Kindesmissbrauch ein immer aktuelles, heißes Eisen an. In wenigen kursiv gesetzten Einschüben versucht sie die Gedanken und Gefühle des Missbrauchsopfers zu erfassen, was ihr meiner Meinung nach gut gelingt und dem Leser früher wie den Ermittlern einen möglichen Hintergrund für die gegenwärtigen beiden Fälle gibt. Ihrem Schreibstil bleibt die Autorin treu. Rasche Szenenwechsel lassen den Leser durch die Geschichte eilen, um die jeweilige Fortsetzung der Szene zu erfahren. Obwohl der Leser vermutlich früher wie die Kommissare der Aufklärung des Falls näher kommen, reißt die Spannung nicht ab. Und der Epilog lässt den Leser nachdenklich zurück. Ich empfehle diesen Krimi allen Lesern des Genres gerne weiter.