Solider Thriller mit ein paar Kritikpunkten.

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sddsina Avatar

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Ich lese die Krimiserie über Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein schon sehr lange. Angefangen habe ich damals mit dem überragenden 4. Teil, dann habe ich nach und nach auch die Anderen gelesen, doch die totale Begeisterung wie bei "Schneewittchen muss sterben" konnte sich bei mir nicht mehr einstellen.
So war ich natürlich gespannt auf den nun schon 6. Teil von Nele Neuhaus und habe mich ganz schnell ins Lesen gestürzt. Die 480 Seiten ließen sich dann auch schnell runterlesen, aber genau wie bei den anderen Büchern bleibt ein bitterer Beigeschmack, denn nicht das ganze Buch konnte mich richtig überzeugen.

Zum Inhalt: Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein werden zu einem neuen Fall gerufen. Die Leiche einer 16-jährigen taucht im Main auf. Schnell wird klar: Sie wurde schwer misshandelt und keiner vermisst sie.
Auch nach Wochen gibt es noch keine Hinweise, dafür einen weiteren Fall: Eine Fernsehmoderatorin scheint den falschen Leuten zu nah gekommen zu sein und wurde brutal vergewaltigt. Die Misshandlungen weisen Ähnlichkeiten zu der Ertrunkenen auf und so suchen die Ermittler nach Zusammenhängen zwischen den Morden. Mitten in gepflegter Bürgerlichkeit stoßen sie nach und nach auf eine Bösartigkeit und Brutalität die ihr Vorstellungsvermögen komplett übersteigt...

Wieder hatte ich Probleme mich in die Charaktere hineinzuversetzen. Schon in den vorherigen Bänden ist mir aufgefallen, dass Nebencharaktere oft viel zu blass bleiben.
Klar, Pia und Oliver sind einem inzwischen ans Herz gewachsen und man hat keine Probleme mit ihnen mitzufiebern. Doch eben die neuen Charaktere, die speziell zu diesem Fall gehören konnten bei mir wieder nicht richtig überzeugen oder im Gedächtnis bleiben. Gerade Michaela, Emma, Bernd, Kilian oder Florian hatten viel Potenzial, konnten bei mir aber zum Teil fast keine Sympathien auslösen. Man hat zwar über sie gelesen, aber ich hatte nie das Gefühl so richtig mit ihnen fühlen zu können, ein Teil von ihnen zu sein und vor Spannung nur so durch die Seiten zu fliegen.

Leider, leider war dann auch noch die Auflösung schon lange vor dem Ende so gut wie klar. Zwar hat die Autorin versucht eine falsche Spur zu legen, aber die war so schwach, dass der erfahrene Leser nur darüber schmunzeln kann. Die letzten 50 Seiten (also die Auflösung) sind zwar richtig spannend geschrieben und man fiebert als Leser auch irgendwie mit, aber trotzdem war sie für mich so gar keine Überraschung. Die Spuren waren so deutlich (sowohl beim "Haupttäter" wie auch bei "Louisa" speziell), dass man sie eigentlich gar nicht übersehen konnte. Schade, aber da fehlte mir dann doch der große Paukenschlag am Ende - auch wenn die Spannug wenigstens auf hohem Niveau war.

Die Autorin hat das Thema Kindesmissbrauch hart und offen beschrieben und es so geschafft die Leser wieder für dieses Thema zu sensibilisieren. Allein deshalb ist es das Buch Wert gelesen zu werden und die Autorin verdient meinen Respekt.
Trotzdem hatte ich einfach das Gefühl, dass die Geschichte noch nicht ganz ausgeschöpft wurde. Mir fehlte die Nähe zu den Charakteren, das atemlose Mitfiebern und leider auch die überraschende Wendung am Schluss. Ich habe es zwar in recht kurzer Zeit gelesen, was für den flüssigen Schreibstil und auch durchgehende, lockere Spannung im Buch spricht, trotzdem fehlt das gewisse Etwas um mir lange im Gedächtnis zu bleiben und so richtig Lust auf den nächsten Band zu machen.

Es macht übrigens Sinn die Reihenfolge bei dieser Krimireihe einzuhalten. Ich habe zwar auch durcheinander gelesen und bin auch klargekommen, trozdem läuft das Leben von Pia und Oliver halt weiter und es ist sicher emotionaler wenn man ihre Vorgeschichte genauer kennt. Wer aber lieber mit Teil 6 beginnen will, kann das auch tun, es wird eigentlich alles auch für Neueinsteiger verständlich sein.

Fazit: Dieser Krimi ist absolut solide. Die Schreibweise gefiel mir, sodass ich "Böser Wolf" in kurzer Zeit gelesen habe und mich gut unterhalten fühlte. Trotzdem fehlt noch das gewisse Etwas an den Charakteren und auch der wahre Täter hätte noch mehr versteckt werden müssen, sodass es dem Leser nicht so leicht fällt auf ihn zu kommen.
Trotz Kritikpunkten habe ich das Buch gern gelesen und so kann ich es Fans der Reihe durchaus empfehlen. Einsteiger sollten vielleicht doch erst Band 1 zur Hand nehmen um die Protagonisten kennenzulernen. Am Besten setzt man die Erwartungen nicht zu hoch, denn mehr als solide fand ich den Krimi leider nicht.
Ich hoffe dennoch, dass sich die Autorin noch wieder steigern kann und würde wohl auch den nächsten Band dieser Reihe lesen.