Tatort Taunus

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Nach einer rauschenden Party am Mainufer wird eine Mädchenleiche von Jugendlichen entdeckt. Das ruft natürlich sofort Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein von KII auf den Plan. Noch ahnen sie nicht, in welches Wespennest sie hiermit stechen. Die Ermittlungen führen die beiden zu einem vorbestraften Pädophilen, einer Fernsehmoderatorin, die ihren Job allzu ernst nimmt, einem Ex-Kollegen, der jetzt mit internen Ermittlungen zu tun hat und eine frühere Mitschülerin, die Familienprobleme hat. Auf den ersten Blick scheinen die Handlungsstränge vollkommen voneinander losgelöst zu sein. Doch die Autorin bleibt ihrem Stil treu und verbindet nach und nach die Themen, sodass auch dieses Buch eine Sogwirkung entwickelt.

Typisch für diese Krimireihe ist es, sich mit aktuellen Themen und gesellschaftlichen Schieflagen zu befassen. Kindesmissbrauch in den unterschiedlichsten Altersgruppen ist dabei ein sehr heikles Thema, da der Grat zwischen der Beschreibung der Gräueltaten und reißerischem Voyeurismus sehr schmal ist. auch hier kann die Autorin mit ihrem Schreibstil punkten, indem sie vieles andeutet, aber es dem Leser selbst überlässt, den Film im Kopfkino ganz genau zu betrachten. Oftmals benötigen die Tathergänge keine ausschweifenden Erklärungen, um beim Leser das Gefühl der Abscheu zu erzeugen. Treffend werden die Worte gesetzt, sodass die Informationen auch durchaus einmal zwischen den Zeilen zu lesen sind.

Nele Neuhaus schafft es auch im sechsten Fall um die Ermittler, eine private Atmosphäre und knisternde Spannung zu erzeugen. Hier kann die Serie dann nicht mehr verhindern, dass dem Quereinsteiger die eine oder andere Information fehlt, obwohl gerade anfangs viele Erklärungen einfließen, was die beiden Protagonisten seit dem Ende von "Wer Wind sät …" erlebt haben. Wer den Schwerpunkt aber auf die Krimihandlung legt, wird sich davon nicht stören lassen. Der ehemalige Kollege, der bereits im dritten Band versetzt wurde, wird allerdings detaillierter wiedereingeführt. Dennoch wird man von langweiligen Wiederholungen verschont, sondern erhält eine abgerundete Geschichte.

Im Gegensatz zu den vorherigen Bänden ist es hier nicht möglich, sich in den Täter hineinzuversetzen. Die damit überdeutliche Erklärung gegen Pädophile springt einem dabei entgegen. Die Aufforderung, keinesfalls wegzusehen, ebenfalls. In diesem Buch wurden mehrere psychische Auswirkungen des frühen Missbrauchs dargestellt. Wer sich auf die Opfer einlässt, erhält ein grausames, teilweise verstörendes Bild, wie andere Menschen ihre Phantasien ausleben und Störenfriede in ihrer Welt einfach ausschalten. Dennoch bleibt auch das Gefühl, dass noch unzählige weitere Szenarien ausgewählt werden könnten. Diese Lücke hat einen kleinen Beigeschmack. "Böser Wolf" ist daher nicht einfach herunter zu lesen, aber jede Zeile wert.