Wer hat Angst vorm Bösen Wolf?

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Pia Kirchhoff trifft bei einem Klassentreffen zufällig ihre Schulfreundin Emma wieder. Emma ist verheiratet, hat eine 5-jährige Tochter und erwartet in wenigen Wochen ihr 2. Kind. Ihre Schwiegereltern leiten den Verein "Sonnenkinder", der ledigen Müttern und deren Kindern unter die Arme greift und in der Gesellschaft hoch angesehen wird. Ihr Leben scheint perfekt. Die Begegnung wird von einem Leichenfund unterbrochen: Pia ist die Einzige im Dienst und bricht auf. Leider scheint niemand die Tote zu vermissen und nach der Obduktion geraten die Ermittlungen ins Stocken.
Da wird Hanna Herzmann, eine umstrittene Modereatorin, die schon einige ihrer Talkshow-Kanditaten hintergangen hat, überfallen und brutal vergewaltigt. Sie entkommt nur knapp dem Tod. Wolfgang Matern, der Geschäftsführer des Senders Antenne Pro, der Hannas Show ausstrahlt und ein guter Freund von Hanna, verschweigt der Polizei an was Hanna zuletzt gearbeitet hat. Immerhin hat er ihr von diesem Thema und den dazugehörigen Leuten abgeraten. Oder hat er doch etwas zu verbergen?
Da wird Leonie Verges, Hannas Therapeutin ermordet. Auch sie scheint in Hannas Arbeit verwickelt zu sein, aber das K11 tappt weiterhin im Dunkeln.
Währenddessen findet Emma eine leere Kondompackung in der Hosentasche ihres Mannes Florian. Im Glauben, dass er eine andere Frau hat, schmeißt sie ihn hochkantig raus. Zur gleichen Zeit verändert sich ihre Tochter Louisa. Emma kommt kaum noch an sie heran. Das Mädchen ist völlig apathisch und irgendwie hat Emma das Gefühl, dass Florian etwas damit zu tun hat. Immerhin findet sie auch heraus, dass Florian ihr nie etwas von seiner Zwillingsschwester Michaela erzählt hat. Warum? Was behält er für sich?
Als Louisa während eines Wochenendbesuchs bei ihrem Vater vom Pferd fällt und sich den Arm bricht, eröffnet die Ärztin den Eltern im Krankenhaus, dass das Mädchen offenbar misshandelt wurde. Für Emma bricht eine Welt zusammen, sie hat sofort Florian im Verdacht. Kennt sie ihren Mann wirklich so wenig?
Emma versucht weiterhin einen Zugang zu Louisa zu finden, doch das Mädchen hat Angst vorm bösen Wolf...

Die Thematik und das Buch sind sehr komplex, was aber nicht weiter stört. Das eigentliche Thema mit den Ausmaßen ist mir erst recht spät bewusst geworden. Lediglich die Spannung blieb mir zu viel auf der Strecke. Die ersten 200 Seiten passierte in dem Buch nicht viel und auch danach ging es nicht rasant weiter. Trotzdem ist der Stil wie gewohnt gut und das Buch lässt sich leicht lesen. Das Privatleben der Ermittler gerät in diesem Roman in den Hintergrund, was ich persönlich aber gar nicht schlecht fand. So konzentriert man sich mehr auf die Fälle und Leser, die die Vorgänger nicht kennen, habens leichter.
Vom Thema her finde ich das Buch sehr realitätsnah. Leider kommt Kindesmissbrauch in Familien sehr häufig vor und es wird verschwiegen und/oder weggeschaut. Nach dem Motto: Was man nicht sieht, gibt es auch nicht. Meiner Meinung nach hat die Autorin diese Problematik exakt rübergebracht, was das Buch zum Meisterwerk der Autorin macht. Auch die geschilderte Brutalität erscheint mir nicht übertrieben.
Sehr gut gelungen finde ich den Titel: Auch der böse Wolf konnte sich im Märchen gut verkleiden oder verstecken und ist vorerst nicht aufgeflogen. Auch das Thema Kindesmissbrauch hält so manch einer für ein Märchen, wenn er wegsieht.
Das Ende des Buchs zeigt zudem, dass das Ganze leider ein Fass ohne Boden ist.

Fazit: Ein sehr realistischer Krimi, der mich noch lange beschäftigen wird. Lediglich die Spannung blieb auf der Strecke. Für Neuhaus-Fans ist das Buch abersowieso ein absolutes Muss.