Wer ist der böse Wolf?

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
mammutkeks Avatar

Von

Einen klassisch komponierten Krimi legt Nele Neuhaus auch mit "Böser Wolf" vor, ihrem sechsten Roman rund um die Kommissare Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein. Alles beginnt mit einer unbekannten Leiche, einem jungen Mädchen, das nackt im Main treibend gefunden wird. Doch ist sie nicht im Fluss ertrunken, sondern in gechlortem Wasser. Und auch die vielfältigen Verletzungen lassen auf eine lange Zeit der Misshandlung schließen.
Schnell wird der Fall jedoch im Kommissariat Hofheim durch die Vergewaltigung und Verletzung von Hanna Herzmann überlagert. Die TV-Moderatorin war offenbar einer großen Geschichte auf der Spur, in der es um Kindesmisshandlung und -missbrauch geht. Doch bevor sie - und damit der Leser - Näheres erfährt, wird sie selbst Opfer und landet auf der Intensivstation.
Parallel zur Polizei versucht auch Herzmanns Tochter Meike etwas über die Hintergründe zu recherchieren - und gerät dabei selbst in Gefahr. Neben den verschiedenen Polizisten, die aktuell oder ehemals im Kommissariat arbeiten, den unterschiedlichen TV-Menschen kommen auch noch diverse Personen aus Pias schulischer Vergangenheit vor, die ebenfalls eine tragende Rolle haben. Damit ist ausreichend Personal vorhanden, um die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen. Damit erlangt der Leser eine gewisse Ahnung, die jedoch nicht verifizierbar ist. Daher hat man schon früh die Ahnung, wer hinter der Geschichte steht, wer der "Böse Wolf" sein könnte - und zumindest ich hatte nach Ende der Lektüre den richtigen Instinkt.
Wie schon bei den Vorgängern nimmt das private Leben der Protagonisten einen großen Raum ein - diesmal steht vor allem Pia im Mittelpunkt, weniger von Bodenstein. Doch gleichzeitig werden auch vielfältige Schicksale rund um die Verdächtigen, Täter und Opfer in manchmal epischer Breite ausgeführt. Das macht zum einen den Reiz der Neuhausschen Krimis aus, führt aber auch immer wieder dazu, dass man sich fragt, warum denn nicht miteinander geredet wird. Und auch dazu, dass die Lektüre manchmal langwierig ist - ohne dass wirklich Spannung aufkommt.