Aufbruch ins Ungewisse!

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laurissima Avatar

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Agneta nimmt das Zepter selbst in die Hand! Das bunte, in frischen Farben gestaltete Cover lässt vermuten, dass es Agneta gelingen wird, sich ein neues, selbstbestimmtes Leben aufzubauen. Die Protagonistin wird sehr liebenswert und ehrlich charakterisiert, was durch ihre Reaktionen auf Situationen im Alltag sehr anschaulich beschrieben wird. Durch die ebenfalls sehr deutliche Charakterisierung ihres „ach so tollen“ Ehemanns, Magnus (Aptronym! Lateinisch: magnus - groß, bedeutend) wird sehr schnell die Kluft zwischen dem Ehepaar sichtbar. Agneta erkennt zunehmend, was ihr in ihrer Jugend wichtig war und wofür sie „brannte“. Als der Zufall es will, nimmt ihr neuer Lebensentwurf Fahrt auf.
Stilistisch sowie inhaltlich entspricht mir das Buch zunächst sehr: direkt, ironisch, humorvoll geschrieben, wobei man auch gleich im ersten Satz in medias res geworfen wird– was ich an Büchern sehr schätze. Ich war gespannt auf Agnetas neues Leben.
Leider flacht der Spannungsbogen für mich nach Ankunft der Protagonistin in Frankreich allmählich ab. Die weiteren Geschehnisse entwickeln sich in eine Richtung, die mich thematisch nur sehr peripher tangiert.
Der Fokus liegt zu sehr auf den drei Themen Demenz, Homosexualität und Libido, die ich jedoch in diesem Buch weder erwartet habe noch begrüße. So zum Beispiel erinnern mich die sexuellen Phantastereien der 49-jährigen Protagonistin eher an einen pubertierenden Teenager!
Obwohl der locker- lustige Stil im Plauderton im weiteren Verlauf des Buchs überwiegend beibehalten wird, kämpfe ich doch hin und wieder mit Problemen bei der Übersetzung aus dem Schwedischen: Deutsche Grammatikfehler und sprachliche Ungenauigkeiten sollten bei einer professionellen Übersetzung nicht vorkommen.
Unlogisch ist für mich auch Agnetas Verhalten in ihrem Traumland: Einerseits wird ihr Faible für die französische Küche überaus detailliert hervorgehoben, andererseits scheint es ihr am Interesse, die Sprache ihrer lang ersehnten neuen Heimat zu lernen, zu mangeln?! Sie, die seit ihrer Schulzeit eine Vorliebe für Frankreich und die französische Sprache hegt, unternimmt im Land selbst nicht wirklich ernsthafte Anstrengungen, die Sprache möglichst schnell zu lernen. Um mit ihrer Umwelt kommunizieren zu können, setzt sie Google Translator am Handy ein, was mehr als einmal zu Verwirrungen - nicht nur beim Gegenüber, sondern auch bei mir als Leserin - führt! Auch ist der normale, verbale Austausch leider viel zu oft ein Kauderwelsch aus Deutsch, Englisch und Französisch. All das lässt bei mir die Lust am Weiterlesen immer mehr abflauen.
Ich hatte nach den ersten, für mich so vielversprechenden, Kapiteln einen anderen Handlungsstrang erwartet. Mir erschien das Buch laut Klappentext und der Lektüre zu Beginn sehr interessant, weil es mich an meine eigene Ehe erinnert hat, aus der ich - in ähnlichem Alter wie Agneta - (noch) erfolgreich den Absprung geschafft habe.
Schade, meine Erwartungen wurden nicht erfüllt! Das Buch ist eben nicht meins oder anders ausgedrückt: de gustibus non est disputandum - über Geschmack, lässt sich nun einmal nicht streiten.