Anatomie einer Familiengeschichte

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sophia95 Avatar

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Bei einer Zwangsräumung landen aller Erinnerungsstücke des Erzählers in der Müllverbrennungsanlage. Was ihm bleibt, sind die eigenen Erinnerungen an die Familie und an den eigenen Stammbaum, der geprägt ist von psychischen Erkrankungen. Aus Angst, dass ihn das gleiche Schicksal ereilt, versucht er sich selbst zu ergründen und herauszufinden, inwieweit unsere Biografie durch etwas wie psychische Krankheiten vorbestimmt ist. Nach einem Psychologie-Studium landet er als Psychologe in der Psychiatrie - und kann quasi hautnah herausfinden, was psychische Krankheiten für den Menschen dahinter bedeuten.

Den Klappentext des Romans fand ich unglaublich spannend und auch die Einblicke in die vielen Facetten der Psychotherapie fand ich während des Lesens sehr spannend. Leon Engler blickt in seinem Debüt hinter die Diagnosen, lässt die Menschen durchscheinen und beleuchtet ihre Wesen abseits des Arztberichts. Es ist eine besondere Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie. Ein Weg, Erinnerungen zu konservieren und sich selbst zu ergründen. Daher wechseln sich im Roman selbst auch oft Passagen mit Rückblicken mit denen aus der Psychiatrie ab. Das hat für mich das Leseerlebnis etwas verwirrend gemacht, weil man immer wieder rausgerissen wurde. Trotz der sehr schönen Beobachtungen und Sätze, hat die Geschichte es nicht zu 100 Prozent geschafft mich zu berühren und der Erzähler ist für mich unnahbar geblieben.

Dennoch finde ich die Idee und das Konzept von Englers Roman spannend und würde auf jeden Fall sagen, dass das Buch - auch wegen des geringen Umfangs - einen Blick wert ist!