Berührend!

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klaer198 Avatar

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Leon Englers Botanik des Wahnsinns hat mich ganz unerwartet im Herzen berührt. Der Protagonist übernimmt hier nicht die Rolle des Urteils­sprechenden, sondern die eines Chronisten. Und genau das ist so besonders: er beschreibt seine Familie und deren lange Geschichte aller erdenklicher psychischer Erkrankungen ohne zu bewerten. Trotzdem entfaltet sich zwischen den Zeilen eine umwerfend emotionale Sprache, die Wut, Mitleid, Freude und eine tiefe Verbundenheit deutlich werden lässt – ganz leise, aber unglaublich stark.

Psychische Erkrankungen scheinen in der Familiengeschichte zentral, doch sie dominieren den Roman keineswegs: Vielmehr liest sich das Buch wie eine schonungslose Chronik, die genau dadurch so ergreifend ist. Man fühlt sich mittendrin in diesem Erbe und in diesem Erinnern und man erkennt doch: Hier wird nicht Opfer­geschichte aufgetischt, sondern eine kraftvolle, versöhnende Perspektive.

Besonders beeindruckt hat mich, wie der Erzähler sich den Diagnosen entzieht, ohne sie zu verschweigen, und stattdessen das Menschliche in den Vordergrund rückt. Man merkt, dass hier jemand zuhört – sowohl sich selbst als auch seinen Familienmitgliedern – und genau dieses Zuhören macht das Buch so lebendig und nahbar.

Insgesamt: ein starkes Buch, das mich tief berührt und Literatur so frisch und authentisch wirken lässt. Absolut empfehlenswert.