Sehr gelungen und daher eine absolute Leseempfehlung!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
schneewittchen95 Avatar

Von

In "Botanik des Wahnsinns" von Leon Engler beschreibt der Protagonist anhand seiner Familiengeschichte, wie psychische Erkrankungen über Generationen hinweg weitergegeben werden. Dabei kann man sehr viel über den gesellschaftlichen Umgang mit Personen mit einer psychischen Erkrankung lernen, zur Geschichte, Schattenseiten und auch zu den kleinen Erfolgen.
Die Covergestaltung ist sehr passend und erschließt sich, wenn man das Buch gelesen hat.
Die Einführung mit der Zerstörung aller Familienerinnerungsstücke schafft für den Protagonisten den Anlass, sich mit der eigenen Familiengeschichte und den Auswirkungen auf ihn selbst auseinander zu setzen. Er steigert sich fast zwanghaft in die Vorstellung hinein, selbst auch irgendwann psychisch zu erkranken.
Dabei sind sehr treffende Ausführungen enthalten, wie sich psychische Erkrankungen im Detail äußern und wie emotional abgestumpft damit, unter anderem aufgrund des Schams und der Stigmatisierung umgegangen wird. Auch die Verbindung zwischen psychischem und physischem Leiden wird sehr treffend beschrieben. Der Autor beschreibt, wie weit die Grenze zwischen Alltagsmarotten und "richtigen" Krankheitssymptomen verschwimmt und wie weit psychische Erkrankungen in der Gesellschaft verbreitet sind. Dabei übt er immer wieder subtile Gesellschaftskritik.
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Mir ist der subtile Humor aufgefallen, der die Absurdität des gesellschaftlichen Umgangs mit psychischen Erkrankungen gut ausdrückt. Auch sind sehr gelungene Metaphern enthalten.
Es steckt wirklich viel zwischen den Zeilen, was, auch wenn man schon einiges über "die Psychiatrie" weiß, innehalten und nachdenken lässt. Dabei schafft der Autor immer wieder gekonnt den Perspektivwechsel zwischen speziellem Einzelfall und dem Allgemeinen.

Fazit: Ein, trotz der tiefgründigen Thematik, sehr kurzweiliger und lehrreicher Roman. Sehr empfehlenswert!
Dabei bleibt die Frage: Gibt es überhaupt einen "normalen" Menschen?