Tragik und Zynismus

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obilot Avatar

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Sämtliche Familienmitglieder in diesem Roman haben psychische Erkrankungen. Und so scheint es dem Ich-Erzähler des Romans nur selbstverständlich, dass auch ihn dieses Schicksal zuteil wird. Unaufhaltsam beobachtet er sich selbst um erste Anzeichen hierauf zu erkennen. Schließlich kommt er tatsächlich in eine Psychiatrie, jedoch als Psychologe.

„Botanik des Wahnsinns“ erzählt die Geschichte einer Familie in der die verschiedenen Psychosen der einzelnen Mitglieder zum Alltag geworden sind. Persönliche Erlebnisse in der Psychiatrie als Arzt, Erzählungen über die Vergangenheit der Familie und medizinische Hintergrundinformationen sowie die historische Entwicklung der Behandlung von psychischen Erkrankungen wechseln sich ab. Eine eindeutige Aussage hierüber wird zwar nie erwähnt, aber ich gehe davon aus, dass das Buch starke biographische Züge enthält. Viele Parallelen zwischen dem Autor und dem Ich-Erzähler sind erkennbar. Die Beschreibungen wirken außerdem äußerst authentisch.

Ein starker Zynismus ist in fast jedem Satz zu finden, „Es ist ein Erfolg wenn die schwierigsten Patienten wiederkommen, anstatt sich umzubringen“ S. 93, ist so ein Beispiel hierfür. Derartige Aussagen findet man zuhauf in dem Text. Dem Autor gelingt es, durch diese Erzählweise, ein überaus ernstes und tragisches Thema mit Humor und Distanz zu vermitteln. Immer wieder wird auch die Frage über „Normal“ und „Unnormal“, „gesund“ und „verrückt“ aufgeworfen. So wurden z. B. mit der Aberkennung homosexueller Neigungen als Krankheit viele Menschen mit einem Mal als gesund und normal eingestuft.

Immer wieder wird im Roman die Welt der Psychosen mit der Botanik verglichen, deshalb auch der poetisch klingende Titel „Botanik des Wahnsinns“. Dieser Vergleich beruht auf einer historischen Tatsache. Bereits Carl von Linné, der sowohl Botaniker als auch Mediziner war, entwickelte in seinem Werk „Genera Moborium“ eine Ordnung in die er die verschiedenen psychischen Erkrankungen, ganz wie die verschiedenen Pflanzenordnungen, einteilte, S. 76-77.

Mir hat das Buch sowohl der Inhalt auch der Erzählstil des Buches sehr gut gefallen. Auch das Cover ist wunderschön. Die floralen Fantasiegestalten verdeutlichen den Thematik des Romans perfekt.