Ein aussergewöhnlich schönes Buch!

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ismaela Avatar

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Ich hätte mir nicht gedacht, dass mir „Brüder für immer“ so gut gefallen würde. Zwar als Jugendbuch ausgezeichnet, ist diese Geschichte für jedes Alter geeignet, und für Kunstinteressierte sowieso.

Im Kern der berühmten Bloomsbury Group wachsen die Brüder Quentin und Julian, zusammen mit ihrer Schwester Angelica, als Kinder der berühmten Malerin Vanessa Bell in einer freien und toleranten Umgebung auf. Die Mutter hat sich vom Vater ihrer Kinder getrennt und wohnt mit dem schwulen Maler Duncan Grant in einem alten Bauernhaus in der Nähe Londons. Die Tante der Kinder, Virginia Woolf, ist ein gern gesehener Gast und wird auch oft besucht; das Theaterspielen gehört dann zum festen Ablauf des Tages. In einer Zeit, in der das gesellschaftliche Leben und die Rollenverteilung von Mann und Frau strikt durchorganisiert waren, war die Bloomsbury Group ihrer Zeit weit voraus. Nicht nur im neuartigen Mal- bzw. generell Kunststil, sondern auch, was Liebesbeziehungen und Affären betraf. Homosexualität war genauso normal wie die Tatsache, dass Vanessa Bell zwar vom Vater der Brüder getrennt, doch immer noch mit ihm in enger Freundschaft verbunden war.

Der Ich-Erzähler Julian Bell beschreibt 12 Jahre seiner Kindheit und Jugend, er erzählt von seinen Geschwistern und den vielen Menschen, die im Bauernhaus ein und ausgehen – manche bleiben, manche verschwinden. Mit der Zeit merkt man, dass sich die Brüder auseinanderentwickeln. Zwar sind sie bis zum Schluss in enger Freundschaft und Liebe verbunden, doch während Quentin seine ersten – erfolgreichen – Versuche als Autor macht, wendet sich Julian der Politik und dem Linksliberatismus zu. Mit Hilfe eines Radios nimmt er am Weltgeschehen teil und wird dabei mehr und mehr vom Wunsch erfüllt, aktiv am Weltgeschehen mitzuwirken. Dies tut er denn auch: er geht nach Spanien, um dort im Bürgerkrieg seinen Teil zu leisten. Leider nur von kurzer Dauer: nach nur knapp zwei Wochen kam er durch einen Sprengkörper um.

Die Personen, die der Autor auftreten lässt, hat es tatsächlich gegeben. Ob die beschriebenen Abläufe genauso stattgefunden waren, ob der Autor Sachen wegließ oder hinzudichtete – künstlerische Freiheit – kann ich nicht beurteilen. Jedoch ist der Schreibstil herrlich, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Die Personen sind allesamt vielschichtig und interessant beschrieben, auch kleine Nebenschauplätze kommen sehr gut zur Geltung. Wenn das Buch noch ein paar Seiten mehr gehabt hätte, hätte mich das nicht im Geringsten gestört.