Krass andere Lebenswirklichkeit
Marco ruft an, mitten in der Nacht: „Er ist tot!“ Ivor hört ihn weinen. Marco muss nichts mehr sagen, er weiß, wen er meint.
Marco und Ivor kennen sich seit der fünften. Ivor ist halbe Kartoffel, nur seine Mutter kommt aus Kroatien. Marco ist schwarz wie die Nacht und muslimischer Somali. In der Schule hatten sie es voll drauf, Aufgaben gemacht, sich noch am späten Abend angerufen und ihre Ergebnisse abgeglichen. Ivor wollte Anwalt werden mit fetter Kanzlei und so. Sie baten die Lehrer, ihnen schwerer Aufgaben zu geben, weil sie sich langweilten. Aber die wollten das nicht, keiner sollte übervorteilt werden und dann quatschten sie eben und störten.
Irgendwann stieß Arjan zu ihnen und Marco brachte Jonas mit, den Jungen mit der cuten Piepsstimme. Ab da waren sie so ne Art Gang. In der neunten hat er Xanax geballert, hat sich gedacht, eine ist keine und dann das ganze Blister eingeworfen. Danach chillte er so richtig schön auf dem Sofa. Der Kollege wusste das und machte sich Sorgen, hat ihn angerufen, aber totenstill. Er ist dann mit der Leiter in den zweiten Stock durchs Fenster, sah Ivor ganz bleich auf dem Sofa hängen und hat ihn ins Leben zurückgeschüttelt.
Jonas wird immer von alten Säcken zugelabert, voll Pädo! Arjan macht ihn deswegen an.
Jonas: „Deine Stirn ist bbb-reitt-er als mein Bbbild-schsch-irm.
Arjan: „Ja klar, meine Stirn kriegt aber von seinem alten keine geballert.“
Jonas: „Ja, aber immerhin wollte mein Vvvvater mich.“
Alle schreien „burn“.
Fazit: Der zwanzigjährige norwegische Shootingstar hat sich in seiner Autobiografie, ich würde es Memoir nennen, selbst porträtiert. In kurzen Ausschnitten, die zum Teil auf dem Handy geschrieben wurden, erzählt er von den Erlebnissen mit seinen drei Freunden im Oslo der 2020er. In der Schule unterfordert und gelangweilt wird die Straße zunehmend zum Entwicklungsumfeld. Sie probieren alles an Drogen aus, was ihnen in die Hände fällt und werden zunehmend versierter in der Dosierung. Alle vier rutschen immer weiter in den selbstzerstörerischen Teufelskreis. Sie kompensieren ihr Gefühl der Wertlosigkeit durch Taubheit und ihre Wut durch Aggression. Den ständigen Geldmangel beheben sie durch Drogengeschäfte, werden dabei abgezockt und rächen sich. Alle vier haben keine geeignete Vaterfigur innerhalb der Familie und keine männlichen Vorbilder. Sie verhalten sich nach den Vorstellungen, die die Gesellschaft ihnen suggeriert hat. Die Abhängigkeit voneinander ist riesig. Jeder muss auf den anderen aufpassen, weil keiner auf sich selbst aufpassen kann. Die Geschichte ist aus Sicht des Ich-Erzählers gezeigt. Alle Worte sind konsequent klein geschrieben. Der Erzähler zieht mich rein in diesen kaputten Sog. Ich tauche einzig auf, um mir einzelne Wörter des Slangs zu übersetzen, weil sich die Drogenszene seit meiner Zeit in den 80er-Jahren weiterentwickelt hat. Erschütternd, dem Gesetz der Straße zuzusehen, dort, wo immer der Stärkere recht hat. So sieht heute die Lebensrealität vieler junger Menschen aus. Um in den genuss der Zeilen von Oliver Lovrenski kommen zu können, sollte man aufgeschlossen gegenüber anderen Lebenswirklichkeiten sein.
Marco und Ivor kennen sich seit der fünften. Ivor ist halbe Kartoffel, nur seine Mutter kommt aus Kroatien. Marco ist schwarz wie die Nacht und muslimischer Somali. In der Schule hatten sie es voll drauf, Aufgaben gemacht, sich noch am späten Abend angerufen und ihre Ergebnisse abgeglichen. Ivor wollte Anwalt werden mit fetter Kanzlei und so. Sie baten die Lehrer, ihnen schwerer Aufgaben zu geben, weil sie sich langweilten. Aber die wollten das nicht, keiner sollte übervorteilt werden und dann quatschten sie eben und störten.
Irgendwann stieß Arjan zu ihnen und Marco brachte Jonas mit, den Jungen mit der cuten Piepsstimme. Ab da waren sie so ne Art Gang. In der neunten hat er Xanax geballert, hat sich gedacht, eine ist keine und dann das ganze Blister eingeworfen. Danach chillte er so richtig schön auf dem Sofa. Der Kollege wusste das und machte sich Sorgen, hat ihn angerufen, aber totenstill. Er ist dann mit der Leiter in den zweiten Stock durchs Fenster, sah Ivor ganz bleich auf dem Sofa hängen und hat ihn ins Leben zurückgeschüttelt.
Jonas wird immer von alten Säcken zugelabert, voll Pädo! Arjan macht ihn deswegen an.
Jonas: „Deine Stirn ist bbb-reitt-er als mein Bbbild-schsch-irm.
Arjan: „Ja klar, meine Stirn kriegt aber von seinem alten keine geballert.“
Jonas: „Ja, aber immerhin wollte mein Vvvvater mich.“
Alle schreien „burn“.
Fazit: Der zwanzigjährige norwegische Shootingstar hat sich in seiner Autobiografie, ich würde es Memoir nennen, selbst porträtiert. In kurzen Ausschnitten, die zum Teil auf dem Handy geschrieben wurden, erzählt er von den Erlebnissen mit seinen drei Freunden im Oslo der 2020er. In der Schule unterfordert und gelangweilt wird die Straße zunehmend zum Entwicklungsumfeld. Sie probieren alles an Drogen aus, was ihnen in die Hände fällt und werden zunehmend versierter in der Dosierung. Alle vier rutschen immer weiter in den selbstzerstörerischen Teufelskreis. Sie kompensieren ihr Gefühl der Wertlosigkeit durch Taubheit und ihre Wut durch Aggression. Den ständigen Geldmangel beheben sie durch Drogengeschäfte, werden dabei abgezockt und rächen sich. Alle vier haben keine geeignete Vaterfigur innerhalb der Familie und keine männlichen Vorbilder. Sie verhalten sich nach den Vorstellungen, die die Gesellschaft ihnen suggeriert hat. Die Abhängigkeit voneinander ist riesig. Jeder muss auf den anderen aufpassen, weil keiner auf sich selbst aufpassen kann. Die Geschichte ist aus Sicht des Ich-Erzählers gezeigt. Alle Worte sind konsequent klein geschrieben. Der Erzähler zieht mich rein in diesen kaputten Sog. Ich tauche einzig auf, um mir einzelne Wörter des Slangs zu übersetzen, weil sich die Drogenszene seit meiner Zeit in den 80er-Jahren weiterentwickelt hat. Erschütternd, dem Gesetz der Straße zuzusehen, dort, wo immer der Stärkere recht hat. So sieht heute die Lebensrealität vieler junger Menschen aus. Um in den genuss der Zeilen von Oliver Lovrenski kommen zu können, sollte man aufgeschlossen gegenüber anderen Lebenswirklichkeiten sein.