Emotionale Geschichte

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sandraslesewelt Avatar

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In diesem Buch begegnen sich zwei sehr unterschiedliche Frauen für ein gemeinsames Projekt. Die 32-jährige Henrietta, die als Kind einen Schicksalsschlag erlebt hat, der sie nun bis in die Gegenwart begleitet und aus ihr eine Eigenbrödlerin mit merkwürdigen Ticks gemacht hat. Anfangs war ich sogar sicher, dass sie Autistin wäre, was jedoch nie im Buch zur Sprache kommt, weshalb ich den Gedanken schlussendlich doch verworfen habe. Auch ihr Hund ist speziell, kann mit anderen Hunden und Menschen ähnlich wenig anfangen wie Henriette, obwohl man ihr zu Gute halten muss, dass sie es wenigstens immer mal wieder versucht und die Autorin Henriettas Wunsch des "Dazugehörens" durchaus deutlich herausstellt. Die zweite Frau ist die 66-jährige Krebspatientin Annie, die Henriette in ihrem neuen Beruf im Hospiz trifft. Henriette ist dafür zuständig mit den Krebspatienten Bücher über ihr Leben zu schreiben, welche nach deren Tod gedruckt und an die Familien verteilt werden. Diese Idee hat mir übrigens richtig gut gefallen! Ich denke, dass viele Familien sich über solche Erinnerungen freuen würden. Auch Annie hat schon früh einen Schicksalschlag erlitten, der ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt hat und erst jetzt versucht sie sich davon zu lösen und ihr Leben in den letzten Wochen selbstbestimmt und glücklich zu führen.

Der Autorin gelingt es sehr gut, diese beiden Geschichten miteinander zu verweben und beiden die benötigte Ernsthaftigkeit zu schenken. Beide Charakter sind sehr eigen, werden aber sehr detailliert und glaubwürdig gezeichnet und beide waren mir direkt sehr sympathisch. Was auch für viele andere Nebencharaktere des Buches gilt. Lediglich die Charaktere in den Vergangenheiten der beiden Frauen zeichnen sich hauptsächlich durch negative Charakterzüge aus, was der Geschichte natürlich noch einmal eine große Portion Emotionalität gibt.

Generell schafft es die Autorin sehr gut, das Buch sehr emotional zu gestalten, dabei aber überhaupt nicht schnulzig oder aufgesetzt. Es wirkt alles sehr echt und durch Henriettas speziellen Charakter kann man auch die eine oder andere Handlung einordnen, über die man sonst vielleicht den Kopf schütteln würde.

Was mir jedoch aufgefallen ist, ist, dass ich beide Charaktere vom Alter her ganz anders vor Augen hatte, als die Autorin sie angesiedelt hat. Henrietta war für mich stets eher Anfang 20 als Anfang 30 und Annie eher in ihren 80er oder 90ern! Vor allem bei Annie war ich geschockt, als ich im Anschluss an das Buch erst richtig begriffen hatte, dass sie Mitte 60 sein soll. Dieses Gefühl hatte ich überhaupt nicht. Unabhängig von ihrer Krankheit wirkte sie in ihrem Verhalten und Denken und wie sie auch von anderen in ihrem Umfeld behandelt wurde, wie eine ältere Dame. Das war hinterher doch verwirrend.

Fazit:
Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen. Lediglich im Mittelteil hatte es ein paar Längen, die man hätte kürzer fassen können. Henriettas Nachforschungen zogen sich dannmanchmal doch etwas in die Länge. Das Ende, zum Teil natürlich durch die Geschichte vorhersehbar, zum Anderen dann aber doch überraschend, hat mich auch überzeugt.