Ergreifend, ohne rührselig zu werden

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dicketilla Avatar

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Der 32-jährigen Henriette Lockwood fehlt etwas die Beständigkeit in ihrem Leben. So endete so manche Anstellung, ehe sie richtig begonnen hatte. Sie führte ein eher langweiliges Leben mit ihrem etwas verhaltensgestörten Terriermischling Dave. So bewirbt sich bei der Rosenadel-Beratungsambulanz. Dort soll sie sich von todkranken Menschen ihre Lebensgeschichte erzählen lassen, die dann später in einer Art Lebensbuch für die Hinterbliebenen zusammengefasst werden.
„Alle nennen es Café Leben, auch wenn es hier oft um das Sterben geht.“
Die 66-jährige Anni Doyle, Pankreaskrebs im Endstadium, will endlich Frieden mit sich machen, ihre Geschichte erzählen, obwohl ihr Henriette nicht sympathisch ist, mit ihrem verständnislosen Blick. Auch bringen die Erinnerungen für dieses Buch keine guten Gedanken zurück, lange versucht zu ignorieren, aber tief verwurzelt saßen sie in ihr fest.

Die Thematik des Buches sprach mich sofort an. Man sollte bestimmte Erinnerungen an eine Person festhalten, sie so für sich lebendig erhalten. Ich selbst habe für meine Tochter zwei Bücher über das Leben ihrer Großmütter verfasst, eine Generation, die viel Leid erfahren musste.

Das Cover zeigt eine nachdenkliche junge Frau, in Gedanken versunken. Dieses Bild hatte ich stets vor Augen, als Henriette in ihrer Ecke im Café Leben saß, und auf ihre Auftraggeber wartete. Besonders die zerbrechliche Anni hatte es ihr angetan. Ihre Geschichte brachte in ihr einst verschlossene Erinnerungen, eine Schuld hervor.
Mich rührte die Lebensgeschichte von Anni sehr, und war mir schnell ans Herz gewachsen. Auch die manchmal etwas schroffe Henriette zeigte eine Vielzahl von Wandlungen während der Handlung. Eigentlich zeigten ihrer beide Leben kleine Parallelen auf. Dazu noch einzelne Personen, die als Randfiguren für Lockerung sorgten. Jo Leevers entwickelte die richtige Sprache, um den Leser zu fesseln, den verschiedensten Emotionen freien Lauf zu lassen, ohne theatralisch zu wirken.
Für mich eine gelungene Debütgeschichte, die einen aber auch nachdenklich zurückließ, sich Gedanken darüberzumachen, wie wohl das Buch über die eigene Lebensgeschichte aussehen würde.