Nicht immer leichte Kost

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mike nelson Avatar

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Nicht immer leichte Kost. Mit ihrem neuen Roman "Café Leben" ist die britische Autorin Jo Leevers ein echtes Wagnis eingegangen - sie erzählt von der Begegnung grundverschiedener Menschen, die sich gegenseitig ihr Leben offenbaren; und wo es an der Oberfläche nicht gegensätzlicher sein könnte, stellen sich doch im Verlaufe der Geschichte Ähnlichkeiten ein - eine dunkle Stelle in der Vergangenheit. Als Leser frage ich mich natürlich immer, ob die Story der Autorin vom ersten Satz an bereits einigermaßen komplett im Kopf war, oder ob sie lediglich die Figuren mit ihren Charaktereigenschaften und eine grobe Rahmenhandlung erfunden hat, um dann die Protagonistinnen einfach miteinander in Beziehung treten zu lassen und zu schauen, was passiert. Will sagen: Die 32-jährige Henrietta Lockwood übernimmt einen Job in einem Hospiz; im Rahmen eines Projektes geht es um das das Eruieren und Verschriftlichen von Lebensgeschichten todkranker Menschen. Dabei trifft die eher kühl-kontrollierte, fast schon zwanghafte Henriette auf die eher emotionale Annie, eine alte Frau, die noch Lust am Leben verspürt; und es ergeben sich nicht etwa einseitige Interviews, sondern die beiden Frauen erzählen sich gegenseitig Ausschnitte ihres Lebens - und entdecken Tragisches. Natürlich geht es nicht gut aus, schließlich erwartet Annie den Tod; doch ist es am Ende für beide Frauen ein Gewinn. Das Schöne an dem Buch: Es macht uns bewusst, wie wichtig es ist, einander Fragen zu stellen, einander zuzuhören, Interesse für die Geschichte des anderen zu zeigen, in einen Dialog einzutreten... und über den anderen und sein Zuhören uns selbst zu entdecken (sorry, hört sich jetzt etwas abgehoben an... also:Lesen!)