Über das Sterben, Verlust, Traumata, toxische Menschen & Freundschaft

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doomkitty Avatar

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Das Café Leben setzt den Konterpunkt zum Haus, in dem es untergebracht ist. Eine Station für krebskranke Menschen oder solche in Remission. Im Café kann vor oder nach einem Termin eine Verschnaufpause eingelegt werden, hier befindet sich aber auch der neue Arbeitsplatz der 32-jährigen Henrietta beim Projekt Lebensbuch. Sie soll in sieben einstündigen Sitzungen genug Eckpunkte aus dem Leben von sterbenskranken Menschen zusammenbringen, um daraus eine Lebensgeschichte zusammenzuschreiben. Dieses können Freunde und Verwandte dann nach dem Tod in Form eines Buches als Erinnerung bewahren.
Henrietta hat sich seit ihrer Kindheit einen Schutzwall gegenüber anderen Menschen aufgebaut und sie glaubt, das Projekt Lebensbuch wäre genau das Richtige für jemanden wie sie, mit dem nötigen Abstand. Aber da hat sie nicht mit ihrem ersten Projekt gerechnet: Annie Doyle, 65 Jahre und schwer krebskrank.

Ein Buch, in welchem es zu guten Teil ums Sterben geht. Generell eher weniger leichte Kost, aber der gut lesbare, flüssige Schreibstil, gepaart mit den interessanten Protagonistinnen und Charakteren, haben es mir leicht gemacht in die Geschichte reinzufinden. Der Schreibstil wird unter anderem auch gut dazu eingesetzt, um die (sich im Verlauf des Buch langsam auflösende) Anspannung und Distanz der beiden Protagonistinnen darzustellen.

Mir war Henrietta mit ihrer leicht verschrobenen Art sofort sympathisch. Es wird zwar niemals in irgendeiner Form erwähnt, aber ich hatte den Eindruck, dass hier eventuell auch ein hochfunktioneller Autismus miteingewebt wurde.
Auch Annie und vor allem die sich entwickelnde Beziehung zwischen den beiden Frauen, hat mir sehr gut gefallen und war für mich weitgehend realistisch und gut nachvollziehbar dargestellt.

Der Verlauf der Geschichte war mir nie zu langsam und ließ sich gut verfolgen. Dabei ist auch immer die Schwester von Annie und deren Verschwinden ein Thema. Dieses Element bietet eine leichte Spannung, die sich durch den ganzen Handlungsverlauf zieht und gegen Ende eine, für mich, zumindest teilweise völlig überraschende Auflösung bereit hält.

Hier wurde Charakter- und Beziehungsaufbau gekonnt mit ein klein bisschen Spannung verwoben. Dabei werden viele Themen miteingearbeitet, die nicht gerade leichte Kost sind, aber meiner Meinung nach auf wunderbare Art und Weise behandelt wurden. Viel dreht sich natürlich um das Sterben und den Verlust, aber auch um die Familie, Traumata und natürlich eine aufkeimende Freundschaft.

Von mir gibt es hier eine klare Leseempfehlung! (Sofern man sich in der Lage fühlt, sich mit dem behandelten Themen auseinanderzusetzen.) Der Titel hat mich schnell in seinen Bann gezogen, hat viele schwierige Themen toll umgesetzt und konnte mich bis zum Schluß in jedem Punkt überzeugen. Die Charaktere werden mir fehlen.