Tiefgründiges Kinderbuch

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matheelfe Avatar

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„...Mit wenigen Schwimmzügen war er beim Rettungsring, tauchte hinab und packte die Kinder. Links und rechts in den Armen hielt er sie und trampelte dabei kräftig mit den Beinen, um sie über Wasser zu bringen...“

Oscar macht mit seinen Eltern und der Hündin Lucy Segelurlaub auf dem Mittelmeer. Momentan ist Flaute. Er langweilt sich und ist ärgerlich, dass sein Freund Yannick nicht mitkommen durfte. Zusammen hätte sie sicher viel Spaß gehabt. Als der Wind endlich auffrischt, darf Oscar ans Ruder. Aber was hat Lucy? Sie starrt aufs Wasser und winselt. Da sieht Oscar im Wasser einen Rettungsring. Wie der Vater die beiden Kinder aus dem Wasser holt, beschreibt das obige Zitat.
Die Autorin hat ein schwieriges Thema kindgerecht aufbereitet.
Die Verständigung mit Nala, dem Mädchen, ist kompliziert. Sie kann weder Deutsch noch Englisch. Die Familie kann kaum Französisch. Ihr kleiner Bruder Moh schweigt. Doch irgendwann verstehen sie, dass die Kinder aus dem Kongo kommen, von einem Flüchtlingsboot in Stich gelassen wurden und Waisen sind. Allerdings wird im Laufe des Geschehens deutlich, dass Moh den Tod des Vater noch nicht begriffen hat. Das führt zu schwierigen Situationen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Neben der eigentlichen Geschichte gibt es ab und an in kursiv gesetzte kurze Dialoge zwischen Nala und Moh. Sie zeigen nicht nur die Ängste der Kinder, sondern vor allem, wie verstört Moh ist.

„...Hier kann uns nichts passieren, Moh. Nun mach doch mal die Augen auf. Nur ein einziges Mal. Bitte, Moh, bitte stell dich nicht tot...“

Während die Eltern sich überlegen, wie es weitergehen soll, freundet sich Oscar mit den Kindern an. Nala ist sprachbegabt und lernt von ihm schnell die ersten deutschen Wörter. Oscar versucht sich weniger erfolgreich an Nalas Muttersprache.
Im nächsten Hafen wollen die Eltern die Kinder an die Ausländerbehörde übergeben. Die aber lehnt ab. Nun ändert sich zum Teil auch der geplante Urlaub. Nicht jede Ortschaft erlaubt der Familie, von Bord zu gehen und etwas zu unternehmen. Die Situation ist für die Erwachsenen nicht einfach.

„...Als sie schließlich im Hafen von Tarent lagen, war auch Mama richtig schlecht drauf. Denn wieder war sie in einer Stadt gewesen und hatte niemand gefunden, der ihnen weiterhelfen konnte...“

Oscar aber kommt mit den beiden immer besser zurecht. Er möchte nicht, dass sie das Schiff verlassen müssen und in ein Lager abgeschoben werden.
Die Reise birgt einige spannende Situationen. Die mögen die zukünftigen Leser selbst herausfinden. Auch Nala und Moh suchen Möglichkeiten, nicht irgendwo zurückgelassen zu werden. Wird es eine Chance für die Kinder geben?
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Gerade Oscars Sicht auf die Dinge zwingt auch mich als Erwachsenen zum Nachdenken und lässt während der Handlung eine permanente innere Spannung entstehen.