Ich denke, für das Buch bin ich zu alt

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elchi130 Avatar

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Eliza ist sich ziemlich sicher, dass sie die nächste Chefredakteurin der Schülerzeitung wird. Als sich Len in letzter Minute ebenfalls um den Posten bewirbt und gewinnt, bricht für Eliza eine Welt zusammen. Ihrem Ärger macht sie spontan Luft, indem sie sich alles von der Seele schreibt. Doch, was nur für sie persönlich gedacht war, erscheint als Titelartikel in der nächsten Online-Ausgabe der Zeitung. Schnell ist die Schule in zwei Lager gespalten, diejenigen, die sich für den Feminismus einsetzen und die, die dagegen sind. Damit wieder Ruhe in der Schule einkehrt, verlangt die Schulleitung von Eliza und Len, dass sie in Zukunft ihre Artikel gemeinsam verfassen. Und dadurch lernen sie sich näher kennen, als es geplant war…

Von Anfang an ist in dem Buch klar, dass Eliza von der fachlichen Seite her viel besser als Chefredakteurin geeignet gewesen wäre. Doch das Team der Schülerzeitung wählt den lässigen, coolen Len, der erst seit kurzem Teil der Redaktion ist zu ihrem neuen Oberhaupt. Eliza ist klar, dass der Grund nur sein kann, dass Len männlich ist. Das war für mich von Anfang an zu kurz gegriffen. Denn so, wie Eliza zu Beginn des Buches als Teil des Redaktionsteams dargestellt wird, hätte ich sie auch nicht gewählt. Sie wirkt pedantisch, kleinlich, überheblich und vollkommen unempathisch. Leider kommt das nicht ein einziges Mal im Buch zur Sprache. Nicht als Kritik ihrer Zeitungskollegen und auch nicht als Selbsterkenntnis von ihr.

Verstört hat mich, dass es bei der Feminismus-Diskussion in dem Buch genau um die Themen und Inhalte geht, die diese Diskussion bereits vor 30 Jahren beherrschten. Hat wirklich keine Entwicklung stattgefunden in diesen Jahrzehnten? Als Eliza feststellt, dass sie Gefühle für Len entwickelt, fragt sie sich, ob sie den Feminismus verrät, weil sie sich mit dem Feind verbündet. Sind wir nicht lange darüber hinaus, dass eine gute Feministin sich nicht in einen Mann verlieben darf?!? Auch die Schülerschaft wirft ihr Verrat an der Sache vor. Nach meiner Meinung ist im Buch nicht hinreichend aufgearbeitet worden, was für ein Unsinn diese Ansicht ist. Doch auch vorher, beim Kampf um den Feminismus, hat die Gegenseite nur wieder damit gekontert, dass Feministinnen unweiblich sind und Männer hassen. Daher hat mich das Buch einfach nicht überzeugt und ich hoffe, dass sich Mädchen und Frauen nicht wirklich auf dieser Basis auch heute noch mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Denn Feminismus ist etwas ganz Natürliches, wesentlich vielschichtiger und im Alltag in vielen Bereichen bereits Normalität.

Doch auch das sonstige Bild, das von Mädchen gezeichnet wird, die die Liebe und eigene Sexualität entdecken, hat mich an meine lange zurückliegende Jugend erinnert. Diese kam mir sogar fortschrittlicher vor. So wird Eliza von ihrer Mutter ermahnt, sich um die Schule und das Lernen zu kümmern, Jungen möglichst ganz zu meiden. Denn viele Jungen haben nichts Gutes im Sinn und die guten Jungen von den bösen zu unterscheiden, ist viel zu gefährlich. Mädchen, die bereits einen Freund haben, werden als oberflächlich und unfeministisch betitelt und müssen erst beweisen, dass sie den Feminismus ernst nehmen. Mädchen, die sich gar ausprobieren, viel flirten und sich nicht auf einen Jungen festlegen, sind eine Schande für die Weiblichkeit sowie den Feminismus und ganz klar leichte Mädchen.

Der Schreibstil der Autorin war angenehm und die Geschichte flüssig zu lesen. Doch inhaltlich konnte mich das Buch nicht überzeugen.