Klassiker der Vampirliteratur, aber nicht ganz überzeugend

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missemilia Avatar

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Sheridan Le Fanus "Carmilla" erzählt die Geschichte der jungen Laura, die auf ihrem abgelegenen Landsitz in der Steiermark die mysteriöse Carmilla kennenlernt. Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich eine enge, fast intime Beziehung, doch bald häufen sich merkwürdige Ereignisse: Laura wird von Albträumen geplagt, ihre Gesundheit verschlechtert sich, und dunkle Geheimnisse um Carmilla kommen ans Licht.
Der Schreibstil ist typisch für das 19. Jahrhundert: detailreich, blumig und von einer langsamen Erzählweise geprägt. Le Fanu schafft es, eine unheimliche Atmosphäre aufzubauen, die jedoch oft hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.

Besonders gelungen ist die dichte Beschreibung des Settings, das eine abgeschiedene und geheimnisvolle Welt erschafft, in der die Geschichte spielt. Auch der Fokus auf weibliche Hauptfiguren in einer Vampirgeschichte verleiht dem Werk eine interessante Perspektive. Leider fehlen der Handlung Überraschungsmomente, sodass die Entwicklungen vorhersehbar bleiben. Zudem erreicht die Atmosphäre nicht die düstere und packende Intensität, die ich von einem solchen Klassiker erwartet hatte. Die angedeutete Leidenschaft zwischen Laura und Carmilla, die vielversprechend erscheint, wird nur oberflächlich behandelt und hätte deutlich intensiver ausgestaltet werden können.

Insgesamt ist Carmilla ein richtungsweisender Klassiker des Gothic-Horrors, dessen Potenzial jedoch aus meiner Sicht nicht vollständig ausgeschöpft wird. Die Geschichte bietet interessante Ansätze, bleibt aber in ihrer Wirkung hinter meinen Erwartungen zurück.