Ein eindrücklicher Debütroman

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anana Avatar

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„Irgendwann war der Schmerz so unbeschreiblich, dass es langweilig wurde. Stumpf wie das graue Gefieder eines Stadtvogels“

Jiaming Tang erzählt in seinem Debütroman „Cinema Love“ eindrücklich über Liebe, Schuld und Migration.

Mitten in der chinesischen Provinz Fuzhou steht ein baufälliges und heruntergekommenes Arbeiterkino. Hier können sich schwule Männer treffen und frei ihre Sexualität ausleben, so auch Shun-Er und Old Second. An der Kinokasse arbeitet Bao Mei, welche nicht nur Kinotickets verkauft, sondern auch die suchenden Ehefrauen der Männer vertröstet. Als Shun-Ers Ehefrau Yan Ha die Sexualität ihres Ehemannes aufdeckt und im Kino auftaucht, geht dieser Zufluchtsort plötzlch verloren und das Leben aller Beteiligten gerät aus den Fugen.

Wie lebt es sich in einem Leben, das nicht das eigene ist und das man doch auf gewisse Art gewählt hat? Wie weit kann man die eigenen Träume, Wünsche und Sehnsüchte verleugnen und unterdrücken? Diesen Fragen nährt sich Jiaming Tang sehr behutsam an, ohne auf Zwischentöne zu verzichten. Zudem gewinnt der Leser wertvolle Einblicke in die Lebenswelt chinesischer Migranten in den USA. Erzählt wird in Zeitsprüngen und aus wechselnden Perspektiven in einer melancholischen, eingängigen Sprache.
Etwas Punkte abziehen muss ich für die an einigen Stellen unpassend erscheinende Wortwahl, wobei dies auch der Übersetzung geschuldet sein mag, und den im Vergleich zu den Frauenfiguren etwas flacher gestalteten Männerfiguren. Hier hätte ich mir einen noch tieferen Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt gewünscht.

Auch wenn ich nicht vollständig begeistert bin, kann ich dennoch eine Leseempfehlung aussprechen.