Einfühlsam, aber bemitleidenswert

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liesdochmaleinbuch Avatar

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Ich fand das Thema dieses Romans wahnsinnig ansprechend, da nicht nur Sexualität and sich, sondern auch gleichgeschlechtliche Liebe und Beziehungen generell immer noch sehr im gesellschaftlichen Fokus stehen und immer wieder zu Sozialdebatten, Konflikten und Ausgrenzung führen, sondern weil ich auch den kulturellen Hintergrund speziell dieser Geschichte sehr interessant fand.

Man stelle sich vor: ein verranztes Kino wird zu einem Ort der Sicherheit und Freiheit, einem Ort des sich ausleben und Auflebens, ein Ort der Liebe. Und dann wird er genommen. Es ist nicht nur die Geschichte der Männer, die an diesem Ort Trost und sich selbst fanden, sondern auch die Geschichte derer, deren Leben dadurch gestreift wurde.

Old Second zieht sich wie roter Faden durch die Geschichte, der sonst eher lose dahin weht. Die Geschichte ist angereichert mit Themen und Einzelschicksalen, aber sie alle eint eine mehr oder weniger gemeinsame Vergangenheit, die sich wie eine geisterhafte Präsenz über ihre Leben in der jeweilige Gegenwart legt. Und während die Jahrzehnte ins Land ziehen, heilen alte Wunden und entstehen neue Freundschaften. Was bleibt ist trotzdem eine Geschichte von Schuld.

Die Geschichte beleuchtet zwei Seiten der selben Medaille, verknüpft sie mit Auswanderung, erschütternden Lebensbedingungen, einer Pandemie und der Suche mach Zugehörigkeit. Am Ende wird nicht so richtig ein passender Bogen geschlagen um die Geschichte rund zu machen. Inhaltlich bleibe ich daher etwas zwiegespalten zurück. Was mir aber einfach richtig gut gefallen hat, war die Erzählweise an sich, diese kleinen Einblicke in den Verlauf der miteinander verknüpften Leben. Ich mochte die sanfte, unaufdringliche Erzählweise, die trotz allem etwas fast schon unbarmherziges in ihrer Klarheit hat.

Ich hab das Buch einfach gerne gelesen.