Feines Gespür

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
theblackswan Avatar

Von

Cinema Love von Jiaming Tang hat mich an so vielen Stellen berührt und ist ein sehr gutes Debut. Die Geschichte spannt ein verwobenes Netz a la Episodenfilm über Jahrzehnte und Länder, in dem die Themen Einwanderung, Identität und sexuelle Orientierung beleutet werden. Die Geschichte wird mit so viel feinem Gespür für die Zwischentöne erzählt, dass auch auf so wenigen Seiten so viel gesagt wird. Einzig mit den Namen hatte ich manchmal ein Problem und musste mich aktiv wieder erinnern, wer die Person ist und wie sie mit den anderen zusammenhängt. Da hätte vielleicht ein kleines Personenverzeichnis und eine kurze zeitliche Einordnung am Anfang eines Abschnitts geholfen.

Auffällig fand ich vor allem den Schreibstil, der an manchen Stellen richtig ins Auge sticht. Vor allem im ersten Abschnitt fühlt es sich an, als würde man von oben auf das Geschehen blicken, nach hinten lässt das etwas nach, da hätte ich mir mehr Konsistenz gewünscht. Denn auch die einzelnen Charaktere haben im ersten Abschnitt eine so eigene Stimme, die die Unterscheidung leichter macht. Die eine Figur ist lyrisch, die andere witzig. Auch das lässt nach hinten etwas nach. Dennoch ist der Stil an manchen Stellen sehr lyrisch, an anderen eher simpel und hölzern aber trotzdem harmonisch. Es fühlt sich an, als wolle uns der Schreibstil etwas über das Innenleben der Figuren sagen und das fand ich sehr faszinierend.

An sich ein sehr solides Debut, dass an manchen Stellen etwas mehr editing im Lektorat gebraucht hätte, um den Erzählsog über das ganze Buch aufrecht zu erhalten. Wenn Jiaming Tang sein Handwerk weiter verfeinert wird er bestimmt noch großartige Bücher schreiben und ich freue mich zu sehen, was er als nächstes schreibt.