Menschlich und doch nicht lebbar

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cherryblue_4 Avatar

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Das Cover des Buches ist richtig gut gestaltet. es ist allerdings ein bisschen irreführend, weil um das Kino geht es eigentlich nur im ersten Drittel des Buches, das zweite Drittel beschäftigt sich dann mit Greencard-Ehen, mit Migration, eine neue Heimat in der Fremde zu finden, sich mit Situationen zu arrangieren, mit Selbstfindung und Neuanfängen.
Der erste Teil des Buches beschäftigt sich auch noch mit dem Leben der Menschen im China der damaligen Zeit, welchen Konventionen man unterlegen ist, welchem gesellschaftlichen Druck die jungen Menschen ausgesetzt waren und was von jungen Ehen erwartet wurde. Im Mittelpunkt das heruntergekommene Kino eines kleinen Dorfes, in dessen anonymen Schatten sich die homosexuellen Männer treffen, um ihre Emotionen auszuleben.
Dann ist auf einmal ein Cut drin und gewisse Dinge oder Situationen erfährt man nur noch fragmentweise; sie sind nur noch angerissen, um irgendwie halbwegs ein Zusammenhang herzustellen.
Passend auch zur Geschichte ist der Schreibstil, denn der Autor erzählt ungeschönt, es wird nichts schön geredet, es wird nichts verschwiegen, sondern es wird auf den Punkt gebracht: Gefühle, Gerüche und Empfindungen.
Man ist nicht für die eine Seite oder für die andere, es wird keine Mitleid versucht zu heischen, sondern sich mit den Gegebenheiten auseinandergesetzt und wenn dem Druck nicht mehr Stand gehalten werden kann, endet es auch mit Selbstmord.
Der Leser erfährt auch nicht nur aus der Perspektive von einem Protagonisten die Geschichte. Der Autor folgt in seiner Erzählweise wie eine Dokumentation mehreren Personen.
Auf den letzten Seiten verflicht der Autor noch die Corona-Pandemie mit rein; das ist natürlich noch mal eine krasse Einschränkung für die Protagonisten.
Alles in allem habe ich das Buch gerne gelesen. Das Thema ist definitiv nicht einfach und ich glaube da ist auch das letzte Wort noch nicht gesagt. Es ist lesenswert, es ist richtig richtig lesenswert.