Dreckiger, wendungsreicher Plot

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Wer den ersten Teil der City on Fire-Saga bereits gelesen hat, kennt Danny und hat ihn (wahrscheinlich) lieben und hassen gelernt. Den Draufgänger. Den Wagemutigen. Den Lebemann, den man für seine Abenteuer beneidet, aber mit dem man trotzdem nicht tauschen möchte.

„City of Dreams“ greift ebenjene unterschwellige Spannung in 1988 auf und rotzt uns all das, was Winslow in seinem Hinterstübchen ausklamüsert hat, ungeschönt vor die Füße. Und wir lieben das, oder? Wir können gar nicht ohne diesen Sarkasmus und diese Ironie, brauchen das Drama ebenso sehr wie die Tragik. All das verknüpft Winslow gekonnt - und setzt noch einen oben drauf.

Von Danny kann man halten, was man möchte, aber dieser Kerl weiß zu unterhalten. Wir begleiten ihn durch sämtliche Eskalationen, lauschen den Dialogen und lassen uns berieseln vom Glanz und Glamour des untergehenden Hollywoods. Dabei hat der Ire alle Hände voll zu tun. Nachdem er ein bisschen Heroin von italienischen Mafiosi gemoppst und einen FBI Agenten umgenietet hat, schnappt er sich seine Klamotten, seine Hood, und ab geht's gen Westen. Was wäre ein guter Winslow ohne die anschließende Action? Selbstverständlich muss sich Danny einigen Hindernissen stellen und aufpassen, nicht dabei drauf zu gehen. Der Roman schildert seinen verzweifelten Versuch, sich von seiner Vergangenheit zu lösen und ein neues Leben zu beginnen. Das sei ihm durchaus gegönnt, allerdings hat er sich dafür mit den falschen Leuten angelegt. Nichts wird vergeben, nichts wird vergessen, Blut wird mit Blut bezahlt. Und Danny wäre nicht Danny, wenn stets alles reibungslos klappen würde...

Der Autor hat ein paar spannende Twists eingebaut, die den Plot unterwegs gut auflockern und den Leser bei Laune halten. Er spielt gekonnt mit den Worten, weiß, wie er Situationen, Personen und Umgebungen so beschreibt, dass das Kopfkino auf Hochtouren läuft. Auch wenn die Geschichte für sich alleine stehen kann, sollte man vielleicht zuerst „City on Fire“ lesen, da der Vorgänger Hintergrundinformationen liefert, die fürs Verfolgen der Ereignisse wichtig sind.

In Winslows Romanen geht es typischerweise um große, komplizierte Handlungsstränge mit weitreichenden geografischen und zeitgenössischen historischen Ausblicken. Sein neuestes Werk bildet da keine Ausnahme. „City of Dreams“ ist nicht gewalttätiger als viele andere Krimis, aber es entsteht zunehmend ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Man verliert sich zuweilen zwischen den Zeilen, wird melancholisch, sehnt sich nach Ruhe, zeitgleich nach den klassischen Merkmalen des bedeutenden Hollywoods, will ausbrechen, das Leben genießen, dann doch wieder einfach nur die Tür zuschließen. Für Danny ist es ein ewiges Auf und Ab.

„City of Dreams“ hat einen faszinierenden Schauplatz: Hollywood, einen Ort, an dem die High Society, die Filmindustrie und die kriminelle Klasse sich überschneiden. Und der Autor scheint beim Schreiben viel Spaß gehabt zu haben, da er zweifellos daran interessiert war, seine eigenen Erfahrungen mit dem Filmgeschäft in seine Arbeit einfließen zu lassen. Hat mir außerordentlich gut gefallen.

Fazit: Dreckig, gewalttätig, voller Überraschungen. Ein düsterer Roadmovie, der problemlos mit seinem Vorgänger mithalten und großartig unterhalten kann.