interessante Fantasy-Dystopie

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mars754 Avatar

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Das wunderschön gestaltete Cover fängt die Grundsituation dieser Geschichte sehr treffend ein, denn die Handlung findet ausschließlich in einer Stadt und ihrer näheren Umgebung statt, die regelmäßig von Gewittern heimgesucht wird. Interessanterweise wird Elektrizität für z.B. die Beleuchtung in dieser Stadt nicht durch die uns bekannten Möglichkeiten, wie z.B. Dynamos, erzeugt, sondern aus den Blitzen geerntet. Dafür werden aber keine Maschinen verwendet, sondern Menschen ernten die Blitze direkt mit ihren Körpern mit Hilfe eines kleinen selbstgebauten Gegenstands, der ihnen spezielle Fähigkeiten verleiht. Auch wenn dieses Buch daher nach einer Fantasy-Geschichte klingt, entspricht die Grundstimmung eher einer Dystopie.
Dieses Buch erzählt im Prinzip eine altbekannte Klassenkampf-Geschichte. Auf der einen Seite steht ein heruntergekommenes und vergessenes Stadtviertel, in dem die Menschen ums Überleben kämpfen, auf der anderen Seite der Rest der Stadt, der von der Stadtwache beschützt wird. Während im Rest der Stadt die Infrastruktur funktioniert, sind die Menschen im vergessenen Viertel darauf angewiesen, dass das Gesetz gebrochen wird und Menschen sich illegal spezielle Fähigkeiten aneignen, um z.B. für Elektrizität zu sorgen.
Die Geschichte besticht durch ein ungewöhnliches World-Building und komplexe Charaktere. Besonders gut hat mir auch gefallen, dass verschiedene Arten von Behinderung in dem Buch eine zentrale Rolle spielen, da so gut wie jeder Charakter in diesem Buch entweder blind, gehörlos oder anderweitig körperlich behindert ist als direkte Folge des Einsatzes seiner besonderen Kräfte. Daher ist der Umgang mit diesen Einschränkungen normal.
Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen und schafft es trotz knapper Beschreibungen, eine überzeugende Atmosphäre aufzubauen. Seine volle Stärke spielt er in den knackigen Kampfszenen aus, die sehr spannend geschrieben sind.
Die Protagonisten der Geschichte sind allerdings fast ausschließlich Jugendliche, was sich in ihren Handlungen widerspiegelt. Ältere Personen hätten häufig wohl besonnener reagiert, so dass das Verhalten der Charaktere für ältere Leser vielleicht nicht immer nachvollziehbar oder sinnvoll ist.
Mich hat das Buch mit seinen Wendungen und zerrissenen Charakteren trotzdem gut unterhalten und ich freue mich auf die Fortsetzung der Geschichte. Glücklicherweise endet dieser Band nicht mit einem fiesen Cliffhanger, so dass die Wartezeit erträglich sein wird.