Die Realität auf den Straßen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
libro Avatar

Von

Das Buch "Clockers" von Richard Price hält sich nicht lange damit auf, den Leser vorsichtig in die Geschichte einzuführen, sondern schmeißt ihn sofort in das Geschehen hinein. Strike verdient sich sein Leben mit dem Drogenhandel und hat eigentlich den Plan, sein gespartes Geld zu nehmen und bald aus dem Geschäft auszusteigen. Doch er schafft den Absprung nicht und verwickelt sich stattdessen immer mehr in die Szene. Dann wird eines Tages sein ehrlicher Bruder Victor festgenommen, der noch nie etwas mit Drogen zu tun hatte und nun behauptet, einen Dealer umgebracht zu haben. Keiner glaubt ihm so richtig, auch nicht der ermittelnde Polizist Rocco, der die zweite Hauptfigur des Buches ist und aus dessen Sicht die Geschichte abwechselnd mit Strikes Sicht erzählt wird.

Das Buch ist sehr umfangreich und hat an die 800 Seiten. Trotz dieses Volumens spielt sich die ganze Geschichte innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes ab, was dazu führt, dass alle Ereignisse bis ins Detail geschildert werden. Und es ist genau diese Detailtreue, die Richard Price so auszeichnet. Mit einer scharfen Beobachtungsgabe und Genauigkeit schafft er es, dem Leser das Gefühl zu geben, als objektiver Beobachter direkt am Ort des Geschehens dabei zu sein. Leider führt diese Fülle an Beschreibungen aber auch stellenweise dazu, dass der Geschichte an Spannung genommen wird und sie recht langatmig wirkt. Doch immer wieder sieht man sich fasziniert von der Exaktheit, mit der menschliche Verhaltensweisen authentisch abgebildet werden. Zu Anfang wird man mit vielen Charakteren konfrontiert, was den Einstieg ins Buch nicht unbedingt erleichtert, doch nach ein bisschen Lesen kann man auch diese gut zuordnen. Der Stil ist knapp und dem schweren und häufig aussichtslosen Leben der Dealer angepasst. Die Geschichte wird ruhig und ohne Emotionen geschildert, weswegen man sich mit den Hauptpersonen nicht identifiziert, sondern sich eher wie ein stiller Beobachter vorkommt.

Alles in allem hat mir das Buch trotz der teilweise in die Länge gezogenen Passagen gut gefallen und zudem erhält man einen Einblick in das harte Leben in der Illegalität, die für manche der einzige Weg ist, aus der aber kaum jemand wieder herausfindet. Meiner Meinung nach spiegelt das Buch die Realität auf den Straßen und die Gefechte zwischen Drogenhändlern und den oft korrupten Cops wirklichtkeitsnah wider, deswegen würde ich es jedem empfehlen, der ein bisschen Zeit mitbringt und bereit ist, sich auf eine etwas längere und ungewöhnlichere Geschichte einzulassen.