Frauen im Aufbruch

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Der Roman mit dem interessanten, im wahrsten Sinne tiefgründigen Cover, hat mich sehr berührt, weil der Autor sehr eindringlich und empathisch das Kleinstadtleben im konservativen ländlichen Irland und die Beziehungsproblematiken dreier sehr unterschiedlicher irischer Frauen in den 90er Jahren geschildert hat, ohne dabei ins Klischeehafte abzugleiten.
Izzy die mit ihrem erfolgreichen Mann um eine eigene berufliche Zukunft ringen muss, Dolores, erschöpft eingebunden in den Familienalltag mit 4 Kindern und einem notorischen fremdgehenden Ehemann sowie Colette, eine Dichterin die anscheinend den Mut hatte, sich aus ihrer Ehe zu lösen, jedoch in der Folge mit der Ablehnung durch ihrer Kinder zurecht kommen muss.
Zerrissen zwischen den Konventionen, der Kirche und den eigenen Bedürfnissen, versuchen die drei Frauen ihren Weg in der männerdominierten Gesellschaft der 90er Jahre zu finden.
Auflehnung oder Sich- Hineinfügen in das anscheinend vorbestimmte Schicksal? Das sowohl das eine als auch das andere nicht unbedingt zu dem erhofften Ergebnis führen muss, zumal wenn Kinder betroffen sind, zeigt das Buch sehr deutlich auf.
Die fügsame Dorlores, die versucht, ihrem unberechenbaren Mann alles recht zu machen und sich mit dessen Seitensprüngen anscheinend abgefunden hat, muss sich an einem bestimmten Punkt zwischen falscher Loyalität und Selbstachtung entscheiden.
Demgegenüber macht Izzy, die unter Depressionen leidet, zwar ihren Frust über die unbefriedigende Ehe sehr deutlich und straft ihren Mann mit Nichtachtung über längeren Zeitraum hinweg ab. Doch erst nachdem ihr Mann ihre Freundschaft zu dem seelenverwandten Priester hintertreibt, versucht sie, sich aus der Beziehung zu lösen.
Zwar hat sich die unkonventionell wirkende Colette, argwöhnisch beäugt von der Kleinstadtbewohnern, auf den ersten Blick mehr Freiheiten erkämpft, doch nicht nur die Vorurteile die ihr in der Kleinstadt entgegengebracht werden und die ihr das Leben erschweren, sondern auch die psychischen und auch wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit denen sie zu kämpfen hat, brechen sie letztlich.
Der Alan Murrin hat eine sehr überzeugende Studie über das Frauenleben in Irland vor der Legalisierung der Scheidung gezeichnet und sehr feinfühlig die einzelnen Protagonistinnen und ihre Versuche der Selbstbestimmung geschildert, wobei das Ungewisse der einzelnen Schicksale die Spannung des Romans ausmacht. Insgesamt ein sehr fesselnder, gesellschaftskritischer Roman über die Möglichkeiten der Selbstverwirklichung zu jener Zeit aber auch über die Frage, inwieweit die Fähigkeit zu Toleranz und Freundschaft unter schwierigen, von überkommenen Konventionen geprägten Verhältnissen, möglich ist.